Yorick
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  • Community und Forum zum Thema Deutsche Schäferhunde und artverwandte Hunderassen

Beiträge von Yorick

    Ihr macht beide Kaka? Du lebst auch eher abgeschieden? ^^


    Die Geschwindigkeit am Rad ist eine Wissenschaft für sich. Der lockere Trab hängt ja schon von der Größe und vor allem der Beinlänge ab. :) Wölfe, die unheimlich lange traben können, 75km am Tag, traben auch nicht schneller, durch die langen Beine sieht das aber aus, als schwebten sie dahin. Bei meiner kleinen Gamba rotieren die Beinchen schon deutlich mehr. :) Aber ich hatte auch schon Hunde, die zogen den harten Galopp jedem Trab vor. :huh: Ich habe aber eben schon zu viele DSH gesehen, die kaum einen Hügel hoch rennen können, ohne halb zu verenden, und die sollen den Test bestanden haben, da schüttele ich immer den Kopf. 8)

    Man merkt es auch an sich selbst, wie man vorsichtiger ist als ehedem allein bei physischen Anforderungen. Meiner Kleinen bringe ich gerade das Laufen am Rad bei und da achtet man bei dieser Hitze natürlich darauf, dass man früh um 5 loslegt und nicht mittags um Zwölfe, dass man es langsam angehen lässt und behutsam steigert. Auf der anderen Seite haben diese Hunde früher Tag und Nacht an der Herde gearbeitet, ob es regnete oder die Sonne schien, bei 30 Grad im Schatten und 30 Grad minus, bei Schnee und Matsch, also bei jedem Wetter. Und die zuückgelegten Kilometer dürften jenseits aller Anforderungen der IPO gelegen haben, wobei ich heute immer daran zweifle, dass 50kg schwere Hunde mit einer Widerristhöhe von 75cm die geforderten 20 Kilometer bei 12 bis 15 Kilometer pro Stunde schaffen würden, auch wenn das "Prüfungsregebnisse" belegen sollen.

    Meine Hunde



    Dass Hunde völlig eigenständige Charaktere sind und komplett verschieden, geht mir bei meiner neuen Hündin wieder einmal glasklar auf. Wenn ich rekapituliere, wie unterschiedlich meine „Haushunde“ waren und sind, also die, die richtig bei mir lebten und nicht nur geführt oder ausgebildet wurden, staune ich selbst beim Schreiben:


    Als ich Sarah ihrer Mutter und ihren zahlreichen Geschwistern entführte; schien sie darüber ganz glücklich zu sein und als wir nach einer Fahrtstunde im Oberland ankamen und ich sie im Garten absetzte, gehörte sie schon zur Familie und besonders zu mir! Sie war nicht nur ein Anfänger-, sondern ein wahrer Traumhund! Wer mit so einem Hund seine Karriere als Hundehalter beginnt, hält sich schnell für einen genialen Hundeflüsterer; aber mit mir hatte das nicht das Geringste zu tun, wie ich später bei meinen anderen Hunden zum Teil auch schmerzlich erleben musste. Sarah war von Natur aus und ihrem Wesen und Charakter nach vollkommen unkompliziert und pflegeleicht: Sie war lieb zu allen Menschen, Babys, Kindern, Greisen; Radfahrern, Joggern, Skatern; zu allen Tieren von Artgenossen bis hin zu Zecken; ich brauchte nie eine Leine oder Leckerlies, sie lief immer bei mir und ließ sich zu 105 Prozent jederzeit immer und überall abrufen. Man konnte sie überallhin mitnehmen, in die Natur oder das Gewühl einer Großstadt, vollkommen egal, sie benahm sich tadellos und fiel einem niemals zur Last oder brauchte besondere Vorkehrungen. Ich konnte zu einer beliebigen Person sagen, hier, nimm eine Leine und gehe mit Sarah und sie ging bereitwillig mit; das Ganze lief auf Ansage auch ohne Leine, wenn ich es ihr erlaubte, ging sie mit jedem mit. Entsprechend dürftig ausgeprägt war auch ihr Schutzinstinkt, obwohl sie auf dem Platz gut arbeitete, hätte sie nie im Leben Haus, Hof und Garten als ihr Revier betrachtet und Einbrecher verscheucht oder auch nur angezeigt und verbellt. Als ich einmal in einem Wirtshaus unverschuldet in eine Schlägerei geriet, hat sie mich nicht etwa beschützt oder mir geholfen, sie wollte einfach nur mitspielen bei dem bunten Treiben und fand das alles ziemlich toll. Sie liebte es Auto zu fahren und sie liebte Bälle und fliegende Stöckchen; was sie aber abgöttisch liebte, war Wasser und wenn Bälle und Stöckchen in dieses Wasser flogen, möglichst weit hinein, sodass sie apportieren durfte. Ich habe am Bleilochstausee bei uns daheim einmal versucht mitzuzählen, bei 350 habe ich aufgegeben; den Tennisarm spüre ich bis heute, eine chronische Sehnenscheidenentzündung gehört bei dieser Art Labrador im Körper eines Schäferhundes zum natürlichen Krankheitsbild. Mit vollem Anlauf hinein in die Fluten, dann schwimmen wie ein Otter, den Stock packen; Kehrtwende und zurück ans Ufer und zu Herrchen hinauf, um dort zu erneutem Fluge das Objekt abzulegen und sich natürlich herzhaft zu schütteln. So sah ihr Paradies aus und ich war nass und meine Klamotten waren dreckig. Natürlich wurde Sarahs Wohlbefinden bei mir aber auch durch ihre gesundheitlichen Probleme beeinträchtigt: Von Beginn an eine starke Allergie mit offenen Stellen und ständigem Kratzen, sodass ich bis heute allergisch darauf reagiere, wenn sich Hunde meiner Ansicht nach zu viel kratzen. Dazu eine chronische Ohrenentzündung und im siebenten Jahr ein fußballgroßer Tumor im Gesäuge, eine schwere OP schenkte ihr zwei weitere Jahre; aber mit neun Jahren drohte sie durch Wasser in Bauch und Lunge innerlich zu ertrinken, sodass ich sie schweren Herzens gehen lassen musste. Wie ungerecht diese Welt ist, die "dämlichsten Drecksköter" (nicht meine Worte) werden steinalt und eine Traumhündin wie Sarah muss ihr Leben lang leiden und früher sterben. Es geht den Hunden wie den Menschen. Ohne meine anderen Hunde hätte ich diesen ersten großen Verlust meines Hundehalter- und auch sonstigen Lebens wohl nicht verkraftet, vielleicht hatte ich sie mir auch im Laufe der Zeit gerade deshalb zu mir geholt, damit ich im schlimmsten Augenblick nicht alleine wäre und mich ihr Trost nicht verzweifeln ließe und die Sorge, auch künftig für sie da sein zu müssen, mir ein Ziel und Kraft gab.


    Hector war beileibe kein Ritter ohne Fehl und Tadel, er war mein graubrauner Teufel und mein graubrauner Engel. Wenn ein Welpe im Laufstall vor einem wegläuft, sollte das einem eigentlich zu denken geben. Viele Monate hat er mich komplett ignoriert und nur an Sarah orientiert. Wenn ich ihn brauchte, rief ich diese und er kam ihr hinterher. Sie mochte ihn nicht und betrachtete ihn als Konkurrenz, aber das kümmerte ihn wenig. Ihn kümmerte überhaupt nicht, was ich von ihm wollte; und als er in die Pubertät kam, wurde es arg: Er jagte, ging stromern und griff andere Hunde an; er war wirklich eine wahre Freude für jeden Hundehalter. Man kam ihm nicht bei mit den klassischen Bestechungen: Er war nicht verfressen, er spielte weder mit Stock noch mit Ball, er ging gerne spazieren und wandern, kam aber auch ohne Bewegung aus, wenn es sein musste. War Sarah pflegeleicht und unproblematisch, war Hector pflegeintensiv und höchst problematisch. Ich habe unfassbar viel Zeit und Kraft in seine Erziehung und Ausbildung investieren müssen. Als Beispiel möge die abendliche Szene dienen, als die Familie auf der Terrasse des Gartenhauses saß und die Hunde im Garten liegen sollten, um nicht bei der Mahlzeit zu stören. Während Sarah nur einen Wink brauchte, schlich sich Hector auf aberhundert Wegen und mit aberhundert Schlichen wieder auf die Terrasse und sobald ich ihm das verwies oder ihn sogar persönlich herunterführte, lag er zunächst eine Zeit lang still auf seinem Platz, um es danach wieder zu probieren. Sage und schreibe 275-mal an diesem Abend hat er es versucht, den Anordnungen zu widerstreben und sich heimlich irgendwo zwischen uns oder am Rande niederzulassen. Und das, obwohl er in dieser Phase seines Lebens eigentlich nie unter Menschen sein wollte, sondern immer noch die Nähe zu Sarah suchte. Der reine Trotz, der reine Widerspruch, das reine „Ich will, ich will, ich will“ und „Wir werden ja sehen, wer stärker, geduldiger und konsequenter ist!“ Besser wurde es mit einem Schlag nach seiner Kastration: Innerhalb kürzester Zeit avancierte er zum Schmusehund, entwickelte eine unglaublich tiefe Bindung zu mir und wuchs mühelos, als Sarah schwächer wurde, in die Rolle des Rudelführers hinein. Er strahlte eine souveräne Ruhe aus, die auf dem Platz selbst triebstarke intakte Rüden beeindruckte und sich unterordnen ließ. An ernsthafter Arbeit in Fährte und Schutzdienst hatte er dennoch wenig Interesse und absolvierte alles immer sehr lustlos, in der Unterordnung brach er alle Zeitlupenrekorde bei Sitz oder Platz; manchmal denke ich, dass er ein Herdenschutzhund im Körper eines Deutscher Schäferhundes war. Er war auch der einzige meiner Hunde mit einem wirklich ausgeprägten Schutztrieb, der Leuten, die sich näherten, sein leises tiefes Knurren hören ließ und im Falle des Falles auch nach vorne ging und zubiss. Hector lag, als ich nach einem schweren Unfall ein dreiviertel Jahr bewegungsunfähig war, mein Rudel, den Sport, Ausbildung und Zucht aufgeben musste, immer bei mir am Krankenlager oder unter dem Schreib- oder Computertisch, er allein war mir geblieben, war mein anderes Ich. Da er mit niemandem mitging und auch nie murrte, dass er nur den freilich riesigen Garten hatte, nahm der trotz Diät ordentlich zu. Lange kerngesund muss die lange Zeit der Immobilität sein Herz angegriffen haben, denn er starb später an einem Herzinfarkt, in Folge dessen ich kaum merklich in eine schlimme Depression schlitterte. Manchmal denke ich, ich habe ihn von allen meinen Hunden am meisten geliebt.


    Willi war ein vor allem schwarzer und ein ganz klein wenig brauner Sonnenschein, seit seiner Geburt Everybody's Darling und ein fürwahr egomanischer Altruist. Er liebte alle Menschen abgöttisch, andere Tiere welcher Art auch immer waren ihm solange egal, wie sie seine Liebe zu den Zweibeinern nicht schmälerten. Mein Vater, der sonst meinen Hunden skeptisch gegenüberstand, verliebte sich beim ersten Kontakt in ihn. Wie alle anderen Menschen auch, die ihn kennenlernten. Willi las mir jeden Wunsch von den Augen ab; ich brauchte auch bei ihm weder Leine noch Leckerlis, er wich nicht von meiner Seite; auf jeden Zu- oder Abruf schnellte er noch in der Flugbewegung um und kam heran. Wenn ich mit dem Rasentraktor das große Grundstück mähte alle acht oder zehn Tage und alle anderen Hunde im Schatten dösten, lief er links von mir jeden einzelnen Meter mit, es mochten 40 Grad sein oder nicht. Bis ins hohe Alter schlank und sportlich lief er dutzende Kilometer am Rad, schwamm wie ein Fisch und löste dank seiner großen Intelligenz auch schwierigste Aufgaben. Auf dem Platz war er eine absolute Granate: Es dauerte zwar eine gefühlte Ewigkeit, bis er das „Bleib“ akzeptieren konnte und er Beißwurst oder Ärmel aus seinem schraubstockartigen Griff ließ, aber dann hätte er das Potenzial für Titel gehabt, wäre das unser Ehrgeiz gewesen. Freilich war seine Anhänglichkeit, die leicht ins Bestimmende hätte rutschen könne, auch manchmal lästig: Da er überall ausbrach, um bei mir zu sein, baute ich „Alcatraz“ im Garten, zwei Meter hohe Zäune aus Stahl, oben abgeschrägt und mit Drahtverhau, unten Betonplatten recht tief, damit er sich nicht durchgraben konnte. Ich war fertig mit der Arbeit und sehr stolz auf mich, aber als ich vor die Tür schaute, lag Willi schon wieder dort auf meiner Schwelle und schaute mich unschuldig an. Also musste ich noch einmal nachbessern. Er wurde kerngesund 13 Jahre alt und Vater unzähliger Welpen, aber ich glaube, er wäre lieber Einzelhund gewesen und nicht nur einer von vielen im Rudel. Und obwohl er der nahezu perfekte Hund war und ich ihn liebte wie alle meine Hunde, war er doch nicht mein Herzensfavorit.


    Der zunächst winzig kleine und später sehr große und kompakte graue Wolf war das Nesthäkchen im Rudel und wurde von mir ein wenig verhätschelt, wie ich ehrlich im Rückblick zugeben muss. Ich habe die Älteren schon öfter zurückgehalten, wenn sie berechtigte Maßregelungen vollziehen wollten; aber die Hierarchien waren trotzdem klar und Wolf blieb der Omega, auch wenn er Willi dessen einen Platz weiter oben ein wenig neidete. Er lag mit acht Wochen auf meinem Bauch und schnarchte synchron mit mir, alle anderen drumherum. Es muss so ähnlich gewesen sein wie bei Menscheneltern, die noch spät einen Nachzügler bekamen und bei diesem die Erziehungsregeln der älteren Geschwister plötzlich vergaßen und andere, sanftere Maßstäbe anlegten. Wolf wurde so ein gegenüber Fremden misstrauischer, schreckhafter und vorsichtiger Hund; der sich bedingungslos unterordnete und immer meine Nähe suchte. Dabei war er komplett unauffällig, nervte nicht und war leicht zufriedenzustellen. Auch er spielte wenig mit Bällen und dergleichen, rannte aber für sein Leben gern mit Willi um die Wette. Gerade im Winter tobten die beiden kilometerlang durch den Tiefschnee und übten sich in vielen kleinen und größeren „Revierkämpfen“, die aber nie wirklich ernst wurden. Wolf war ein begeisterter Knochenjäger und konnte sich mit einem tagelang beschäftigen; da lag er dann im Garten und nagte so lange, bis aus dem Mark der Euro wurde. Auf dem Platz war er in keiner Weise zu gebrauchen, er sah eigentlich nur verdammt gut aus, das war alles. Ein kleiner Schelm und Kindskopf konnte er aber auch heimtückisch sein und anderen Hunden unvermittelt in den Hintern zwacken, um sich dann hinter mir zu verstecken, wenn die zu Recht sauer wurden. Fast 14 Jahre wurde Wolf alt, im Alter litt er an Arthrose; aber lange Jahre war er kerngesund und sehr agil. Ich denke, ohne Willi im Rudel wäre er noch glücklicher gewesen, aber man kann sich eben im Leben nicht alles aussuchen.


    Meine Babsi war ein Rückläufer, eine Tochter von Willi, die erst mit fünfeinhalb Jahren zu mir kam, deutliche Bissspuren in der Nase und offenkundig mehr als einen Wurf hinter sich. Zunächst zurückhaltend entwickelte sie sich zu einem absoluten Traumhund, einem Kuschel- und Schmusemonster. Ihre Liebe zu den Menschen war so groß, dass sie als Wach- und Schutzhund eine komplette Fehlbesetzung war: Sie hätte potenziellen Einbrechern noch Möbel und Wertgegenstände mit rausgetragen, wenn man sie nur ordentlich gekrault und gestreichelt hätte. Sie war diesbezüglich eine richtige Nervensäge: Sobald man im Garten saß, kam sie an und stupste einen mit der Schnauze an; reagierte man nicht gleich, wurde das gut und gerne wiederholt und zur Not solange, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Auf dem Rücken liegend hätte man gewinnbringend und ökologisch sauber einen Generator an ihren Läufen anbringen können, denn die Brust kraulend strampelte sie augenrollend vor Vergnügen und jauchzte förmlich ihr Glück und Wohlbehagen in die ganze weite Welt hinein. Leider weigerte auch sie sich, zum Beispiel mit meiner Frau spazieren zu gehen; sie ging ein paar Meter aus dem Hoftor, dann setzte sie sich hin und bewegte sich keinen weiteren Zentimeter. Kein Theater, kein Laut; aber eben auch keinerlei Bewegung. Es hat Jahre gedauert, bis andere Leute mit ihr hätten gehen können; aber dann war es auch schon zu spät, weil sie so kränkelte, dass sie nicht zwingend en tour musste. Solange sie an den Knochen halbwegs gesund war, hatte sie Tempo und Schneid; sie liebte das Rennen am Rad und entdeckte sehr spät das Schwimmen für sich. Wenn ich sage, am Rad, ist das natürlich nur die halbe Wahrheit, denn am Liebsten lief sie direkt vor dem Rad, immer den Weg querend, man musste höllisch aufpassen oder so schnell radeln, dass sie nur hinter einem laufen konnte. Überhaupt hatte Babsi das im Weg liegen zur Meisterschaft perfektioniert und zum Kunstwerk vollendet: Wenn man aus dem Haus trat, aus dem Auto stieg; mal irgendwo hinmusste oder was Sauschweres von A nach B tragen, konnte man sich sicher sein, dass Babsi genau im Weg lag; besonders gern dort, wo man weder nach links, nach rechts, nach oben oder unten ausweichen konnte. Eigentlich müsste sie ins Guinness-Buch der Rekorde, so oft musste man „Ab“ oder „Aus dem Weg“ brüllen, dass alle Nachbarn wussten, dass bei uns wieder die Wegelagerin ihrem Hauptberuf nachging. Artgenossen gegenüber vergaß Babsi oft ihre gute Kinderstube; sie hasste alle Hündinnen wie die Pest und würde sich ohne Einwirken auf alle gestürzt haben; sie war eine unbarmherzige Kämpferin und potenzielle Killerin, wie ich zu meinem Leidwesen erleben musste, als mitten in der freien Natur eine unangeleinte Staff-Hündin hunderte Meter weit von ihrer Halterin auf uns zu rannte und anzugreifen drohte, das möchte man auch als hartgesottener Hundehalter nicht zweimal erleben. Rüden mussten groß und schwer und souverän sein, dann schwänzelte sie wie eine verruchte Bitch um sie herum; aber sobald ein Rüde Schwäche zeigte oder kastriert war, wollte sie auch jenen dominieren. Fußhupen sah sie als Kaninchen an, die sie leidenschaftlich gerne jagte, wenn man sie ließ; ich musste daher bei ihr ohne Leine immer besondere Vorsicht walten lassen. Auch sie spielte wie viele meiner Hunde nicht mit Bällen, besaß kein Spielzeug und lief keinem Stock nach; ich müsste einmal nachforschen, warum das so ist, dafür muss es ja einen Grund geben. Ihre gesundheitlichen Probleme hatte ich hier bereits eingehend geschildert, das kann ich mir also sparen. Als sie im 12. Jahr ihren vielen Malaisen erlag, brach mal wieder eine Welt für mich zusammen, obwohl ich es lange kommen sah. Ein einfacher Hund war auch sie nicht trotz aller Sanftmut und Hingabe Menschen gegenüber, aber sie hat in verhältnismäßig kurzer Zeit sehr tiefe Wurzeln in meinem waidwunden Hundehalterherz geschlagen, weil sie wie Sarah ein paar Jahre als einziger Hund bei mir lebte und das auch noch in einem komplett neuen Wohnumfeld innerhalb auch für mich neuer sozialer Strukturen. Wir gaben uns gegenseitig Halt in einer verwandelten Welt.


    Meine kleine Gamba ist ein großes Kind geblieben, will mir nach den ersten Wochen bei mir scheinen. Das ist auch durchaus natürlich, wenn man in einem Rudel mit zehn DSH zusammen mit der Schwester die jüngste war. Es heißt ja, Haushunde sind Wölfe, die nie richtig erwachsen werden; aber unter den Haushunden gibt es eben auch sehr erwachsene, ernste Naturen; und es gibt solche, die nie richtig erwachsen werden. Ich vermute, dass Gamba so eine ist; denn sie sucht beständig meine Nähe und gibt freiwillig und wie selbstverständlich alle Verantwortung an mich ab. Sie hat bislang keinen Wehr- und Schutztrieb entwickelt, ist eher ängstlich und vorsichtig anderen Menschen gegenüber und nur zutraulich und anschmiegsam, wenn ich bei ihr bin oder Futter im Spiel ist. Sie liebt alle Hunde egal welchen Geschlechts und lässt sich momentan aus allen Situationen abrufen. Am Rad läuft sie, als habe sie noch nie etwas anderes getan in ihrem Leben. Aber das sind eben nur Momentaufnahmen, auch Hunde entwickeln sich noch; gerade, wenn sie erst zwei Jahre alt sind und plötzlich der einzige canide Vertreter in einem humanoiden Rudel.


    Kein Hund kann also den anderen ersetzen, keiner ist einfach so austauschbar; jeder Hund ist ein Einzelwesen, ein unverwechselbares Individuum, so viele Millionen es davon auch weltweit geben mag und wie viele man in seinem Leben auch bei und um sich hatte. Jeder hat seinen Platz in meinem Herzen, auch wenn sie hoffentlich drüben alle zusammen auf mich warten.

    Ja, Dauer und Wandel sind Kategorien der Geschichte, das ist nun mal nicht anders. Was aber gut und bewahrenswert und was schlecht und abzutun, kann man nicht schlicht mit dem Hinweis auf Veränderungen abtun. Aber das sind philosophische Fragen, das ginge hier zu weit.


    Dass wir einmal auf den Tod gefährdet sein werden, steht für mich persönlich fest, auch wenn mich das nicht froh macht. Aber ein Blick in die Welt genügt leider. Auch das führt hier freilich zu weit und hat nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun.

    Dass der Gebrauchshundesport vor die Hunde geht, ist natürlich im Kontext gesamtgesellschaftlicher Veränderungen zu sehen. Das ist ein weites und komplexes Feld. Hierzu nur ein paar allgemeine Anmerkungen, denn zu den Verhältnissen im SV und auf vielen Hundeplätzen habt ihr alles gesagt.


    Zum einen haben wir inzwischen den Hund als gleichwertigen Sozialpartner in einer Gesellschaft, die oft genug einsame, alleinstehende, beziehungslose Menschen hervorbringt, die nicht mehr willens oder in der Lage sind, soziale Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen. Eine große Portion Egoismus gehört auch dazu, viele sehen im Hund ein Lebewesen, das nur für sie dasein soll. Für andere ist der Hund im Alter oder bei Krankheit der letzte Rettungsanker.


    Der Hund als Gebrauchshund mit klar umrissenen Aufgaben kommt zwar bei Polizei, Militär etc. noch vor, aber nicht mehr im "normalen" zivilen Leben, bestenfalls bei Suchhundestaffeln und natürlich Schäfern. Ich muss dann immer an den Film "Die Gerechten von Kummerow" denken, als die Jungs aus falsch verstandenem Tierschutz heraus arme alte Leute verprügeln, die ihren Hund einen kleinen Wagen ziehen lassen, weil sie über kein Pferd und kaum Habe verfügen.


    Ich glaube bei Christoph Jung "Schwarzbuch Hund: Qualzucht, Hundehandel, Futterschwindel" gelesen zu haben; dass Hofhunde früher bellen sollten, wenn ein Fremder kam; knurren, wenn der ohne Vorwarnung sich näherte und notfalls auch beißen, wenn es die Situation erforderlich machte. Für so ein Verhalten schickt man die Hunde heute zur Therapie, stuft sie als gefährlich ein, sperrt sie im Tierheim weg oder lässt sie gar einschläfern. Das belegt das veränderte Verhältnis zum Hund.


    Ich denke heute, dass in unserer Gesellschaft alle Aspekte eines harten Realismus und einer auch auf Nützlichkeit basierenden Tierliebe nicht en vogue sind. Die albernen Vorurteile, nach denen Hunde auf dem Platz "abgerichtet" würden, verfolgen uns doch seit Jahrzehnten und niemand interessiert die Tatsache, dass gut ausgebildete und ausgelastete Hunde die ausgeglichensten der Welt sind. Gleichzeitig lässt die physische und mentale Fitness auch der Menschern nach, die Gebrauchshundesport betreiben. Meine Knie etwa sind total kaputt, ich kann keinen Sport mehr machen; und ich kenne viele Ortsgruppen, die einfach keine jüngeren und körperlich gestählten Helfer mehr haben, die auch noch Hundesachverstand mitbringen. Und das Mentale ist nicht zu vergessen, wer ist wesensstarken Hunden heute noch gewachsen, ohne pausenlos Zwang anzuwenden?


    Das alles wird sich erst wieder ändern, wenn unsere Wohlstandgesellschaft mit ihren tausenden fixen Ideen (Wokeness, Gender, Trallala) durch Krisenerscheinungen sich auf das besinnen muss, was frühere Gesellschaften überlebensfähig gemacht hat: Familie, Zusammenhalt, Arbeit, Fleiß, Tüchtigkeit, Nützlichkeit, Stärke und Härte. Wenn man endlich einsieht, dass die Bildung niedergeht, wenn man von den Kids zu wenig fordert; und man begreift, dass Gebrauchshundesport kein Versehrtensport ist, sondern knallharte Arbeit mit klar umrissenen Zielen. Dass für die meisten Hunde eine Tätigkeit, ein Ziel, eine Arbeit zum Glücklichsein als Hunde dazugehört wie seit tausenden von Jahren, muss ich nicht eigens erwähnen.


    Schon früher einmal meinte ich:


    "Ich aber sage euch; es wird die Zeit kommen, da all die Leute; die derzeit Hunde haben wollen, die nicht bellen, haaren, Rangordnungen in Frage stellen, überall hinkacken, stören und womöglich nicht kinder- und familientauglich sind; den Züchtern die Türen einrennen, die noch herkömmliche, richtige Hunde haben; Hunde, die bellen, wenn sich ein Fremder dem Grundstück nähert; Hunde, die furchtlos nach vorne gehen auf eine vermeintliche oder echte Gefahr zu; Hunde, die zubeißen, wenn es die Situation erfordert; Hunde, die nicht wieder loslassen, wenn es nicht anders geht; Hunde, die töten, wenn dies der letzte Weg ist, um die eigene Familie zu beschützen. Also wird es werden und schwer, denn diese Züchter werden rar sein ..."


    P.S. Das sind natürlich noch unfertige Gedanken, ich kann mich auch irren.