IGP Abteilung C - Der Schutzdienstfaden

  • KleineMama das braucht man, damit der Hund in den verschiedenen Phasen des SD optimal agieren kann. Wenn er im Arm ist, ist wie @Filler schon geschrieben hat die Beute gefragt für einen möglichst vollen und ruhigen Griff. Im Verbellen ist eher die Aggression gefragt. Man kann viele Hunde zwar auch super rein über die Beute ins Verbellen bringen, es gibt aber auch viele, die machen sich über die Beute komplett "zu" und können dann kaum mehr richtig Bellen ... die tun sich dann in der Aggression meist wesentlich leichter.


    Üblicherweise lernt der Hund ja erst die Beute kennen, bevor man in der Aggression arbeitet, also ist die Beute ohnehin immer der bereits bekannte "sichere Hafen". Auch Ero hatte bisher kein Problem damit zurück in die Beute zu wechseln, gibt ja genug Videos davon.


    Also jetzt in z.B. Ero's Fall, der deinen Berichten zufolge von sich aus eher in die Aggression geht?

    Von Beute auf Aggression ist sicherlich "einfacher", weil das ja das von ihm bevorzugte Verhalten ist, aber wieder zurück auf was, was er nicht ganz so geil findet stell ich mir echt schwierig vor...

    Das kann man so nicht sagen, grundsätzlich empfinde ich Ero als relativ ausgeglichen. Vielleicht 55 zu 45.


    Beim Seminar wollte es teilweise nicht so klappen, d.h. er sich in dem Szenario in dem einen Triebbereich wohler Gefühlt als in dem anderen, ich denke das war ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren:

    Er stand vor dem Seminar 3 Wochen komplett und war dementsprechend "heiß", ich selbst hatte sicher auch eine andere Ausstrahlung als gewohnt, er hat jetzt einfach auch das Alter dazu wo er die Konfrontation bewusst sucht, Ero kannte Martin bisher nicht, und Martin hat schon auch ordentlich mentalen Druck auf den Hund gepackt. Ero wurde so aufgebaut, dass er immer noch mehr Feuer gibt je mehr Paroli ihm geboten wird. Er hat nur gezeigt, was er bisher gelernt hatte. Dass es dann für ihn ab einem gewissen Punkt u.U. vielleicht schwer wird, wieder "runter zu kommen" ist eigentlich nicht verwunderlich.

    Er hatte sich aber auch einfach so selbst viel gepusht und zwischendurch auch einfach "hirnlos" rumgebellt. Das ist dann aber meine Baustelle als HF (Gehorsam), da kann auch kein Helfer was dran ändern. :S

    Aber Martin hat's dann ja auch immer wieder hinbekommen, dass er doch noch in die Beute wechselt und zum Ende hin wurde er auch nur noch in der Beute bestätigt.

  • Soweit ich weiss unterliegt der Beutetrieb einer Ermüdung auf den Reiz, das heisst Beutetrieb nimmt mit der Zeit ab wenn der Reiz wiederholt immer der Gleiche ist, während Aggression nicht in dieses Schema fällt.


    Aggression ist immer abrufbar, auch wiederholt und unterliegt nur einer körperlichen Ermüdung, eben wenn der Hund körperlich müde wird.


    Daher nutzt man wohl die beiden Triebe in unterschiedlicher Konstellation damit sie sich ergänzen und gegenseitig verstärken, bzw erfrischen, in gewisser Weise.


    Ich konnte bei Axel schon vor einiger Zeit feststellen, dass er zB beim Verbellen im Beutetrieb zu "gemütlich" geworden war, wenn wir hier ein bisschen mehr Stoff geben, wird die ganze Sache zackiger. Axel ist, auf meinen Wunsch hin, praktisch komplett im Beutetrieb gearbeitet.


    Da man mir aber ganz am Anfang sagte, dass Axel ordentlich Aggression hat (irgendwie blöd ausgedrückt, ich weiss), wollte ich die SD Arbeit hauptsächlich im Beutetrieb mit ihm durchlaufen, weil ich mir ausgemalt hatte, dass auch ich damit erstmal besser zurecht komme. Jetzt, wo wir (Axel und ich) immer klarer haben, wie die Abläufe sind und worum es geht, uns sicherer fühlen, etc., können wir langsam immer mehr in die Aggression gehen. So meine Idee.


    Für mich steht immer die Kontrolle an erster Stelle. Ich bin damit am Anfang ein bisschen angeeckt in meiner Gruppe, weil alle gesagt haben "neiiiin, mit zuviel Kontrolle kann der Hund nicht das zeigen was er drauf hat!". War mir aber wurscht. Wenn er dadurch nicht zeigt was er drauf hat, dann hat ers eben nicht drauf. Punkt. Ein Englischer Vollblüter verlernt nicht das Rennen nur weil er am Anfang des geritten werdens nicht rennen darf. Lass ihn EINMAL rennen und dann haste den Salat. Also erst die Bremsen und die Lenkung einbauen, dann Stoff geben. Ob das auch bei Hunden so ist wird die Zeit zeigen. :D


    Übrigens hat Axel gestern meinem Helfer ein Bauchnabel Piercing verpasst 8o Liegt daran wenn Helfer zu wenig Klamotten tragen und der Bauch vorsteht :D :D

  • Übrigens ist der Schutzdienstfaden Michas Faden :) :)


    So bleibt er immer bei uns. Hoffentlich verfällt sein Konto nicht, nach langer Inaktivität, vielleicht kann man da was machen

  • Bzgl. der Wechsel: mein Mali wird ja über das Helfertreiben aufgebaut und hatte jetzt die dritte Einheit mit Beuteanbiss. Das Wechseln stellte für ihn absolut kein Problem dar, sobald das Kissen erscheint, ist Ruhe und er wechselt schön in die Beute mit tollen Griffen. Gleichzeitig vollziehen wir auch einen Stimmungswechsel, wenn die Beute ins Spiel kommt. Ich bereite außerdem viel außerhalb des SD vor und dort achte ich sehr darauf, dass er von Anfang an Kontrolle und Regeln in Bezug auf Beute kennenlernt. Auch in der UO gilt das natürlich.

    Nichts ist nerviger als ein Hund, der sich abschießt - das ist mMn aber nicht allein dem SD zuzuschreiben, sondern spiegelt sich im allgemeinen Handling wieder. Mir persönlich sind mehr Hunde bekannt, die verletzt haben, weil sie sich mit Beute abgeschossen haben, als Hunde, die aus der Aggression übergriffig wurden.


    Meine Hündin wurde hingegen über Beute aufgebaut, zeigt eine schöne Beuteaggression und hat überhaupt kein Thema mit den Triebwechseln.


    Beutefangverhalten sollte auch nicht unterschätzt werden. Beute = Gut, Aggression = Böse ist viel zu kurz gedacht. Sehr viele Unfälle passieren aufgrund von Beutefangverhalten. Bei meinen Hunden achte ich in beiden Bereichen auf gewisse Dinge. So bin ich absolut kein Freund davon, Junge Hunde stark auf Bewegungsreize zu fördern. Lieber fördere ich das Beutespiel mit mir gemeinsam.

  • Für mich steht immer die Kontrolle an erster Stelle. Ich bin damit am Anfang ein bisschen angeeckt in meiner Gruppe, weil alle gesagt haben "neiiiin, mit zuviel Kontrolle kann der Hund nicht das zeigen was er drauf hat!".

    Lieber den Hund auf 80% des vorhandenen Potentials sauber und harmonisch vorführen, als mit 100% rumwursteln, oder gar nen' dis. kassieren würde' ich sagen. :) :thumbup:

    Bei ersterem geht man i.d.R. mit mehr Punkten raus, auch wenn manch einer am Zaun draußen vielleicht lästert, man habe den Hund durch diese Vorführung unter seinem Wert verkauft.


    Mir persönlich sind mehr Hunde bekannt, die verletzt haben, weil sie sich mit Beute abgeschossen haben, als Hunde, die aus der Aggression übergriffig wurden.

    Das kann ich auch so bestätigen ^^

  • Wenn man sich bisschen mit dem Thema auseinandersetzt, dann macht es auch nur Sinn. Aggression dient u.A. der Konfliktvermeidung. Wir befinden uns in einen völlig anderem Funktionskreis als wenn wir Beutefangverhalten haben. "Mit Beute spricht man nicht".

    "Sich gerne auseinandersetzen" heißt ja auch nicht, dass der Hund wahllos Aggressiv ist, das macht gar keinen Sinn. Diese ganzen Herleitungen erinnern mich total an den Kampfsport (ja, da darf man sich sowas auch hin und wieder anhören).

    Das aggressive Auseinandersetzungen eben nicht darin enden, dass es Verletzte oder gar Tote gibt, das ist etwas völlig natrüliches.

  • Eure Erklärungen helfen mir total, das besser zu verstehen. Danke.


    Vermutlich bekommt man über die Aggression auch das schöne, tiefe, druckvolle Verbellen besser hin als rein über Beute?

    Ich kenne ja ein paar Schäfis, die in der RH-Arbeit als Verbeller geführt werden und das sind alles (einschl. meiner) so "Quietschis"; eher ein hohes, schrilles Bellen, wenn die dann auch noch in eine Situation kommen, die sie verunsichert (weil die VP irgendwie komisch liegt, oder wo liegt, wo der Hund nicht unmittelbar hin kann) Piepsen die nur noch.

    Kein Vergleich dazu, wie es klingt, wenn mein Hund zu Hause anschlägt, weil jemand an der Tür ist...

  • Eure Erklärungen helfen mir total, das besser zu verstehen. Danke.


    Vermutlich bekommt man über die Aggression auch das schöne, tiefe, druckvolle Verbellen besser hin als rein über Beute?

    Ich kenne ja ein paar Schäfis, die in der RH-Arbeit als Verbeller geführt werden und das sind alles (einschl. meiner) so "Quietschis"; eher ein hohes, schrilles Bellen, wenn die dann auch noch in eine Situation kommen, die sie verunsichert (weil die VP irgendwie komisch liegt, oder wo liegt, wo der Hund nicht unmittelbar hin kann) Piepsen die nur noch.

    Kein Vergleich dazu, wie es klingt, wenn mein Hund zu Hause anschlägt, weil jemand an der Tür ist...

    Ja, Bellen in der Aggression ist das tiefe, druckvolle Bellen. Fürs Verbellen natürlich auch viel schöner.

    Aber wie hoch der Gap ist, das liegt auch am Hund. Meine Hündin hat ein richtig, richtig tiefes bellen. Schon gehabt als Welpe. Das klingt in der Beute auch gar nicht so viel heller.

    Beim Mali ist der Gap da größer. Da achte ich beim Ausbilden auch sehr drauf, dass ich das tiefe, klare bellen bestätige.


    Und dann gibt es natürlich auch noch so Sachen wie: Frustbellen, Schreien, etc.

    Ich finde, auch Konflikte hört man den Hunden deutlich an.

  • Das Verbellen trainiere ich übrigens im ersten Schritt an mir selbst. Der Hund lernt für ein Stück Futter zu bellen. Später dann für Spielzeug. Dabei achte ich dann penibel darauf, dass ich dem Hund ein tiefes, klares bellen vermittel. MEn muss man dafür vor allem darauf achten, dass man nicht zu viel auf einmal will und der Hund anfängt Frust zu schieben. Helles bellen breche ich dann mit einem Falsch-Marker ab.


    In wie fern sich das als aktives Verweisen ausbilden lässt kann ich nicht sagen. Ich habe bislang nur passives Verweisen ausgebildet.

  • Lieber den Hund auf 80% des vorhandenen Potentials sauber und harmonisch vorführen, als mit 100% rumwursteln, oder gar nen' dis. kassieren würde' ich sagen. :) :thumbup:

    Bei ersterem geht man i.d.R. mit mehr Punkten raus, auch wenn manch einer am Zaun draußen vielleicht lästert, man habe den Hund durch diese Vorführung unter seinem Wert verkauft.

    Jaa, total! Ich habe in letzter Zeit einige super saubere SDs auf hohem Niveau gesehen, wo der Hund fast komplett in Beute durcharbeitet. Ich finde das voll in Ordnung. Und die Punkte die erreicht wurden sind auch nicht zu verachten. Mein Helfer findet SD ohne Aggression ist wie veganes Steak. ^^ Naja, ich möchte eines Tages schon ein bisschen mehr Wumms in Axel hinkriegen, mal sehen wie sich das ausbalancieren lässt.


    Wir haben einen hier, der seinen Hund immer leicht antizipieren lässt beim AUS. Alle schimpfen darüber aber ich finde es schlau. Wie du schon sagst, lieber ein paar Pünktelchen opfern und dafür keine Disqualifikation riskieren. Man kennt ja seinen Pappenheimer.


    @Filler Was ist ein Gap? 😊😁


    Quietschbellen hat Axel auch ab und zu mal gezeigt, allerdings in UO, bzw in Obedience, als er um die Pylone rennen gelernt hat. Ich denke es war eine Mischung aus: neue Übung, kapier ich noch nicht so gut - in die entgegengesetzte Richtung von der Belohnung rennen, obwohl das Rennen Spass macht - und Aufregung. Also Unsicherheit+Frust+Konflikt+Erregung.

    Das hörte auf, als er die Übung klar hatte und etwas mehr Routine. Stelle ich mir sehr schwierig vor, bei RH, wenn die Situationen immer verschieden sind. Wobei, wenn ich ein Verunglückter wäre würde ich sicherlich lieber einen quietschbellenden grossen Schäferhund vor mir haben, als einen dunkel und tief bellenden ^^

  • Gap ist Englisch, es ist einfach „Kluft“. Tut mir leid, ich hätte auch einfach Unterschied schreiben können :D

  • Wenn von Aggressions Trieb des Hundes gesprochen wird, vergesst dabei nicht das Meideverhalten. Diese beiden Trieb Kreise gehören zusammen. Das ist manches Mal ein schmaler Grat. Ein guter HF und HL muss das erkennen. Das Arbeiten mit nervigen Hunden ist nicht einfach. Vor allem wenn der Hund einen Klavier Griff zeigt. Aber wenn man weiß, wie es geht, kann man es verbessern. Leider gibt es nicht viele Leute, die damit umgehen können. Ich arbeite gern in Aggressions Bereichen. Wenn der Hund zum Verbellen kommt, soll er mir kein "Happy Birthday to you" singen. Ich mag ehrliche und ernste Hunde.