Alltagstauglichkeit vs Hundesport

  • Micha369 dein Beispiel mit der Frau ist schon etwas krass, wenn es wirklich genau so stimmt, was der Vereinskollege da gesagt hat. ^^


    Aber was wahres ist da schon dran... viele angehende Sporthunde werden von ihren Besitzern gerne etwas mehr "leben gelassen" (im Sinne von sich ausleben, mal frech sein) als man es einem normalen Familienhund gewähren würde.

    Warum? Weil es schon stimmt, dass solche Hunde auf dem Platz dann auch aktiver sind, mehr Mut haben, sich was trauen, dominanter sind und ihre Triebe ausleben.

    Wenn du all das von klein auf im Alltag zu Hause schon rigoros abstellst, kann es sein, dass sich der Hund später, wenn er es braucht, dann garnicht mehr traut.


    Das habe ich bei Ero auch so gehalten.... komplett auf den Tisch drauf geht er jetzt nicht, aber die Nase streck er schon gerne mal hoch.. :S Und auf dem Stuhl saß er auch mal, um aus dem Fenster die Vögel besser bespitzeln zu können. :D

    Und trotzdem ist er für mich Alltagstauglich, weil ich alle "Frechheiten" mit einem Kommando dann ja unterbinden kann, wenn es doch nervt.

    Aber viele so kleine Frechheiten sind eben nicht von grundauf strikt verboten, darum geht es.


    Bei A.J. hatte ich es anders gemacht, da bin ich von Anfang an voll rein gefahren, habe jeden falsch Schritt sofort und konsequent korrigiert, besonders im Alltag. Der ist im Sport lang nicht so selbstsicher und dominant wie Ero. Er tut sich auch schwer mit selbstständigem Arbeiten, er muss immer gucken wo Frauchen ist und was Frauchen zu dem was er grade macht, sagt.

    Die Unterschiede sind sicher auch Typbedingt, aber ich bin trotzdem davon überzeugt, dass der Umgang zu Hause auch eine große Rolle spielt wie der Hund sich später zeigt.


    Und da muss man dann halt Prioritäten setzen.

    Will ich einen selbstfunktionierenden Familienhund, will ich einen reinen Sporthund, will ich einen Familienhund, der auch Sport macht, usw.

    Es gibt ja viele Möglichkeiten und feine Abstufungen, die Grenzen kann jeder individuell ziehen.


    Aber u.U. muss man halt hier oder da dann eben Abstriche machen.

    Man kann nicht erwarten, dass der Hund am Platz der überkracher und eine regelrechte "Sau" ist, und zu Hause dann das brave treudoofe Schaf.

  • Ich will einen Familienhund, der Sport macht ... weil es ihm und mir Spaß macht ... und weil es ihn artgerecht auslastet.


    Wobei die UO nicht Django's Lieblingssparte ist. Aber leider brauchen wir das halt für AGI, für SD, für Färte, für Fahrradfahren und alles andere.


    Meine Ambitionen im Sport sind aber nicht besonders hoch. Ich habe definitiv keine WM im Auge :P ... aber die ein oder andere Prüfung wäre schon schön.


    Wichtiger ist es MIR dennoch, dass er in meinem Alltag funktioniert. Allerdings habe ich festgestellt, dass es für meinen Hund eher Stress ist, wenn er ins Restaurant muss, oder auf den Weihnachtsmarkt etc. - also lass' ich ihn einfach zu Hause.

  • Wie jetzt ich dachte nur Sporthunde werden mit Konsequenz erzogen und jetzt lese ich von Hunden die über Tische klettern, die man nicht mal mit in den Biergarten nehmen kann. :D

    OO

  • Ich hatte mal die Vorstellung, mit Harras irgend etwas hundesportliches zu machen (Hoopers oder Obidience).

    Allerdings bin ich voll berufstätigt (selbstständig), stehe einem 5-Personen-Haushalt plus Hund vor und gefühlt fehlen mit täglich 12 Stunden am Tag.


    Daher ist Harras "nur" mein täglicher Begleiter, Bürohund, Kuschelhund und Familienhund. Er hat es nicht so mit Begegnungen auf der Straße. Aber das eigentliche Problem dabei bin ich. Er bellt schäferhundtypisch sehr laut und kräftig und obwohl das "einfach nur" sein normales Bellen ist, verschreckt es andere Menschen, die uns nicht kennen (oder doofe Nachbarn....). Ich durfte dank einiger netter Mitmenschen wegen Harras schon mehrfach mit dem Ordnungsamt in sogar persönlichen Kontakt treten. Ich habe einfach nur Angst, negativ mit ihm aufzufallen. Und daher spielen sich in meinem Kopfkino Dinge ab, die wohl nie passieren werden (Angriff auf fremde und/oder dunkel gekleidete Menschen), mich aber unsicher und ansgespannt machen. Das hat zur Folge, dass Harras das ja auch merkt und meint, da wäre wohl eine Situation, vor der er mich beschützen müssen. So habe ich also aufgrund meines Kopfkinos und meiner Anspannung selbst produzierte Negativerlebnisse. Es ist ein blöder Kreislauf. Daher habe ich mir Hilfe einer Trainierin geholt. Gefählt muss ich aber mit ihr und Harras noch 300 mal "einfach" spazieren gehen, damit in meinem Hirn wirklich ankommt, dass Harras einfach nur ein lieber Hund ist.


    Also, mir reicht eine "einfache" Alltagstauglichkeit. Für mein Nervenkostüm ist das schon Hochleistungs-Hunde-Sport.

  • Ich hatte mal die Vorstellung, mit Harras irgend etwas hundesportliches zu machen (Hoopers oder Obidience).

    Allerdings bin ich voll berufstätigt (selbstständig), stehe einem 5-Personen-Haushalt plus Hund vor und gefühlt fehlen mit täglich 12 Stunden am Tag.

    Geht mir ähnlich, nur das ich nicht selbständig bin - dafür AE :S


    Aber Pinguetta wie lastest Du Harras denn aus? Wenn ich mit Django nicht mind. 3 x pro Woche irgendwas mache, was über Spazierengehen hinausgeht, dann wird er unleidlich und nervt zu Hause.

  • Ich hatte mal die Vorstellung, mit Harras irgend etwas hundesportliches zu machen (Hoopers oder Obidience).

    Allerdings bin ich voll berufstätigt (selbstständig), stehe einem 5-Personen-Haushalt plus Hund vor und gefühlt fehlen mit täglich 12 Stunden am Tag.

    Geht mir ähnlich, nur das ich nicht selbständig bin - dafür AE :S


    Aber Pinguetta wie lastest Du Harras denn aus? Wenn ich mit Django nicht mind. 3 x pro Woche irgendwas mache, was über Spazierengehen hinausgeht, dann wird er unleidlich und nervt zu Hause.

    Frage ist doch dann eher was dein spazieren gehen ist Palinka74.

  • wie lastest Du Harras denn aus

    naja, hier im Büro mache ich zwischendurch so etwas wie UO mit ihm; d.h. wenn jemand kommt und klingelt, darf er NICHT zur Tür sprinten sondern muss im Büro warten. Und es kommen täglich mehrfach Paketboten und manchmal auch Kunden, Vertreter etc. Ganz selten gebe ich ihn frei und er darf die Person an der Tür in nasenschein nehmen.


    Wir machen täglich unser Früh- und Spätrunde im Hafen oder Industriegebiet mit kleinen Übungen (auf den Poller springen, mir durch die Beine laufen etc.) und kleine Pipi- bzw. Schnüffelrunden hier auf dem Firmenhof/-parkplatz.


    Ich verstecke ihm fast täglich seine große Kaustange im Lager, manchmal Futterballspile (also so ein mit Trockfutter grfülllter Ball, den er durch die Gegend rollt). Und gaaaaaaaaanz viel Kuscheln.


    Und das schneint meinem Bär zu genügen.


    Beim Hoopers damals machte er immer so den Eindruck "na guuuuuut , wenn duuuu uuuuungedingt willst, dann gehe ich da mal durch.....".


    Und ich arbeite dadrann, dass wir mehr körpersprachlich miteinander kommunizieren. Wenn ich zuhause die Treppe in den Keller runtergehe, wird er nur mit einem Handzeichen am Mitkommen gehindert und auch nur mit einem Handzeichen bekommt er die Freigabe, mit hinterher zu kommen oder in den Garten gehen zu dürfen (obwohl die Tür dorthin schon offen ist) usw.

  • Wie Pinguetta hat Harras etwa nicht die Jobbeschreibung von Schäferhunden gelesen. :D

    Da steht doch explizit Hundesport drin. :D

  • Wie jetzt ich dachte nur Sporthunde werden mit Konsequenz erzogen und jetzt lese ich von Hunden die über Tische klettern, die man nicht mal mit in den Biergarten nehmen kann. :D

    OO

    ich kann meine Hunde überall mit hinnehmen, aber warum soll ich sie jedes mal mit schleppen wo sie eh nur unterm Tisch an der Leine liegen dürfen?! Da können sie auch zuhause bleiben und in der Wohnung oder im Auslauf rum laufen!

  • Wie jetzt ich dachte nur Sporthunde werden mit Konsequenz erzogen und jetzt lese ich von Hunden die über Tische klettern, die man nicht mal mit in den Biergarten nehmen kann. :D

    OO

    ich kann meine Hunde überall mit hinnehmen, aber warum soll ich sie jedes mal mit schleppen wo sie eh nur unterm Tisch an der Leine liegen dürfen?! Da können sie auch zuhause bleiben und in der Wohnung oder im Auslauf rum laufen!

    Naja evtl. Weil man wandern geht und auf dem Berg einkehren will. ;)

    Gibt es denn bei euch auf dem Dorf überhaupt ne Kneipe :D

  • Wie jetzt ich dachte nur Sporthunde werden mit Konsequenz erzogen und jetzt lese ich von Hunden die über Tische klettern, die man nicht mal mit in den Biergarten nehmen kann. :D

    OO

    ich kann meine Hunde überall mit hinnehmen, aber warum soll ich sie jedes mal mit schleppen wo sie eh nur unterm Tisch an der Leine liegen dürfen?! Da können sie auch zuhause bleiben und in der Wohnung oder im Auslauf rum laufen!

    Naja evtl. Weil man wandern geht und auf dem Berg einkehren will. ;)

    Gibt es denn bei euch auf dem Dorf überhaupt ne Kneipe :D

    Mehr Kneipen wie Einwohner ^^

  • Das kann ich so bestätigen - Kneipen findest Du hier im lüttchek Dörp ... für einen Besuch in der Drogerie fährst Du 20 Kilometer ;)


    Ich musste aber auch sehr schmunzeln, als ich bestätigt bekam, was ich vor 30 Jahren im Hundesportverein feststellte: Die besten Hunde im SD hätte ich nicht zuhause haben wollen :D


    Da war ein Mali - der hatte richtig, richtig Trieb und ich hatte ja meinen Joe, der so garnicht einsah, dass er animiert sein sollte, in den Ärmel zu beissen :(


    Ich schaute darum auch meistens seufzend dem Training der anderen Hundeführer zu und wünschte mir, dass mein Joe doch auch ein bisschen mehr Trieb hätte ... der Mali setzte schon Maßstäbe.


    Und dann kam unser Trainer auf die Idee, mal zusammen eine Nachtwanderung zu machen, so mit Picknick, Lagerfeuerromantik und Gruselgeschichten ... danach war ich dankbar für meinen Joe, denn wenn der Mali eins war, dann nicht alltagstauglich. Der mischte echt alle auf und entspannen konnte er sich kein bisschen. Beim Pferd würde man das "Stallhase" nennen - also diese Sorte, die nur den Abreiteplatz und den Turnierplatz und die eigene Reithalle kennen und im Gelände vollkommen überfordert sind :D


    Aber mir geht es auch so wie Palinka74 Ich betreibe gerne Hundesport und nehme auch sehr gerne an, was mein Hund mir anbietet, aber ich habe den Ehrgeiz nicht (mehr), wirklich viel dabei zu erreichen - im Sinn von Wettkämpfen oder Prüfungen. Chia muss nicht die Vierfußbremse reinhauen, wenn ich "Platz" rufe und sich ins Gras schmeissen. Aber sie muss das Kommando umsetzen und das auch unter Ablenkung.


    Es gibt sicher Übungen, die man für den Alltag nicht braucht. Das Revieren gehört für mich in die Kategorie. Chia liebt es aber und darum trainieren wir es auch. Aber wie ich schon schrieb: Wenn mein Hund an etwas keinen Spaß hätte, würde ich das Training in diese Richtung auch nicht forcieren, denn wir trainieren für keine Prüfung, sondern pflegen ein gemeinsames Hobby. Aber trotzdem habe ich (und Chia auch) den Anspruch, in dem, was wir machen, unser Bestes zu geben.


    Alltagstauglichkeit ist mir aber auch sehr wichtig - trotzdem sehe ich vieles wie Ruebchen, denn ich mag es, wenn meine Hunde eigene Ideen entwickeln und unterbinde nicht jede Aktion des Hundes, die ich nicht trainiert habe, sondern lasse meine Hunde auch experimentieren, um mit Erfolgserlebnissen ihr Selbstbewusstsein zu festigen.


    In erster Linie bleiben meine Hunde aber immer Familienmitglieder oder eben auch Freunde ... und wer seine Freunde nicht verlieren will, der gibt ihnen auch Raum und die Freiheit eine Meinung zu haben. Aber natürlich ist die Voraussetzung dafür auch immer, dass sich niemand durch meine Hunde belästigt fühlt oder sie ihre oder anderer Leute und Hunde Sicherheit gefährden.


    Ich würde aber trotzdem behaupten, dass meine Hunde gut erzogen sind - auch wenn sie mal hinterfragen oder Varianten von Übungen anbieten, die ich nicht verlangt habe.


    Und ich mag den Begriff der "Dressur" sehr gerne, den @Rübchen für den Hundesport verwendet hat - vielleicht weil ich als Dressurreiterin mit dem Begriff vor allem Harmonie und Einklang zwischen Mensch und Tier verbinde. Im Reitsport würde man sagen: "Dressur ist das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt,

    den vollkommenen Einklang zwischen ihnen herzustellen" Der Spruch stammt zwar von Waldemar Seunig und ist auf Pferde gemünzt, aber ich glaube, es gibt eben auch im Hundesport dieses Gefühl des "Zwei werden zu Einem und wollen das Gleiche".


    Aber - und ich schrieb es schon: Im Reitsport habe ich durchaus nach sportlichen Erfolgen im Dressurviereck gestrebt und trotzdem waren meine Pferde alle auch "Spazierreittauglich" und funktionierten nicht nur auf dem Turnierplatz.


    Das wäre auch mein Gedanke zum Hundesport. Ich schaue Ruebchens Videos sehr gerne an, weil man sieht, dass die Hunde immer Spaß haben und gerne mitarbeiten. Aber die Hunde haben auch ein Alltagsleben und sind keine Sportgeräte. Darum "funktionieren" sie eben auch im Alltag - auch wenn der Anspruch ein anderer ist, als ihn Holger verfolgt, weil er mit Loki wandern gehen möchte und dazu sein Hund sich auch im Restaurant, in der Bahn oder an einer Bushaltestelle unauffällig verhalten können muss.


    Die These, dass die Ausbildung zum "alltagstauglichen Hund" aber weniger Training braucht oder einen geringeren Anspruch hat, würde ich nicht unterstützen.


    Ich trainiere seit langem gegen Chias Leinenpöbelei an und bewege mich da immer auf einem Drahtseil, bei dem auf der einen Seite die totale Kontrolle über den Hund steht und auf der anderen der Mensch, der niemals zum Fels in der Brandung für seinen Hund wird.


    Ich will keinen devoten Hund, der kadavergehorsam akzeptiert, dass er nicht ander Leine zu randalieren hat. Ich will aber auch nicht, dass Chia glaubt, sie müsse die Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen, weil sie mir das nicht zutrauen kann.


    Also suche ich den Weg, bei dem Chia die Lebensfreude behält und sogar noch Spaß dazu gewinnt, aber ich als Mensch und Führungspersönlichkeit ernst genommen werde.


    Das werde ich aber nicht irgendwann abhaken können. Alles,was ich mit diesem Hund unternehme, zielt daraufhin, dass sie sich an mir orientiert und das bedeutet, dass ich eben immer funktionieren muss und meine Körpersprache immer eindeutig sein muss, um ihr die Brücke dahin zu bauen, dass wir uns aufeinander verlassen können.


    Es wird auch in zwei Jahren noch so sein, dass ich rechtzeitig korrigieren muss, wenn mein Hund ein Reh spannender findet, als mich und sie Ideen entwickeln wird, die ich unterstütze und solche, die ich rechtzeitig unterbinde.


    Zu glauben, dass es mit Hier, Sitz, Platz, Fuß und Bleib getan ist und der Hund alles gelernt hat, was die Erziehung zu bieten hat, wenn er sich die Grundkommandos verinnerlicht hat, wäre Augenwischerei.


    ... und nicht zuletzt ist auch Chia auf dem Hundeplatz anders als im Alltag. Aber meine Erziehung und das, was ich an Dressur mit ihr mache, soll eben übergreifend funktionieren.