Links- und rechtsseitige Hunde

  • So, jetzt hab ich das erste Mal verstanden, was Helfertreiben genau ist.

    Ehrlich gesagt bin ich sehr froh, das ich damals nicht weiter zur OG gefangen bin.

    Dort wollte man mit Pepper SD machen...konkret gab es zwar noch keinen Plan, aber alles das, was Axman gerade als Grundvoraussetzung nannte, ist jetzt nach etwa 2,5 Jahren erst implementiert.

  • Unser Helfertreiben ist komplett ohne Beute und wir fangen schon ziemlich früh an, je nach Hund mit ca. vier Monaten. Das hat den Vorteil, das man den Hund noch gut tragen kann. Die Hunde werden auf den Platz und vom Platz getragen und müssen auf dem Arm ruhig sein. Wenn das gut funktioniert, bekommt der Hund meistens noch eine Pause um einfach ein bisschen zu reifen und für den Zahnwechsel, da fühlen sie sich ja oft nicht so wohl. Parallel bringt der Hundeführer das Aus mit Spielzeug bei. Dann macht man nochmal ein zwei Helfertreiben ohne Beute und mit ca sieben Monaten kommt das erste mal Beute dazu. Bei Hunden mit einer guten Griffveranlagung geht es dann recht flott weiter. Durch das Helfertreiben im Vorfeld sind die Hunde schon gut belastbar und selbstbewusst. Man kann dann auch recht schnell schon am Helfer trennen und alles üben, wofür man zwingend einen Helfer braucht.

    Das Verbellen und die Gehorsamsteile baut der Hundeführer ausserhalb vom Schutzdienst auf. Auch mit dem Rückentransport fangen wir (außerhalb vom Schutzdienst) ziemlich früh an, idealerweise bevor der Hund wirklich Fuß gehen kann.

    Insgesamt gibt es einfach ganz viel Kontrolle, kein Hund darf Bellend auf den Platz ziehen, Aus heißt nicht nur lass los sondern geh weg von der Beute, also ein Schritt rückwärts, mit dem Kommando Schluss muss der Hund die Beute ignorieren und an lockerer Leine z.B. über den Arm Laufen ohne reinzubeissen.

    Jetzt müsst ihr mir aber auch beschreiben, wie es bei euch abläuft :)

  • Klingt super! Kann ich mir gut vorstellen, dass solch kurze Einlagen beim kleinen Hund, wenn gut dosiert und so, eine gute Vorbereitung sind.


    Rückentransport ziemlich früh schon vor dem Fussgehen ist auch absolut empfehlenswert ebenso wie deine anderen Details.


    Ja, ich schreibe die Tage auch mal was aber morgen fahre ich nach Cádiz zu Freunden und hoffe, dass ich mich dort mal unauffällig absetzen kann zum Fährte machen. Jetzt muss ich noch Koffer packen :rolleyes:

  • Wie Mona versprochen, schreibe ich mal, wie wir das aufbauen.


    Der Kandidat wird am Geschirr auf den Platz geführt, an langer Leine oder je nachdem auch ohne Leine. Dann spielt der Helfer einfach ganz normal mit dem jungen Hund. Bisschen Ball oder Beisswurst schnappen, bisschen zergeln oder werfen. Es geht nur darum, dass die Hunde lernen sich auf den Helfer als Interaktionspartner einzulassen.


    Wir bauen hier keinen (extra) Trieb auf, das Ziel ist nur, dass der Junghund keine Scheu vor dem Helfer hat und auf Tuchfühlung mit ihm geht, Spass hat.


    Wenn das Selbstvertrauen (dann) gut ist und der JH (oder Anfängerhund jeden Alters) sich wohl und sicher fühlt, fängt der Helfer an, die Beute vorzuenthalten und so dem Hund die ersten Beller zu entlocken. Dabei wird von Anfang an darauf geachtet, dass der Hund den Helfer verbellt um an seine Beute zu kommen, nicht die Beute selbst. Zu diesem Zweck schwingt der Helfer die Beute hinter seinen Rücken und fordert den Hund auf, sich für seine Beute lautstark einzusetzen.


    Vor allem mit jungen Hunden machen wir etliche Einheiten wo wir ein paar Szenarien aus dem SD durchspielen, nur mit Beute. Der Hund lernt hier auch, dass er, wenn er druckvoll bellt, vorrücken kann und den Helfer wegdrücken kann aber sehr bald auch, dass es einen besonders günstigen Abstand zum Helfer einzuhalten gilt.


    Sonstige Punkte an denen sofort gearbeitet wird, ist die Ansprechbarkeit des Hunde während der gesamten Zeit. Es werden z.B. Positionswechsel geübt, die der Helfer abfragt, wenn der Hund die Beute fest im Maul hält. Mit Ruhe wird daran gearbeitet, dass der Hund schon bald das Platz halten kann, wenn er die Beute abgegeben hat und man sie dem Helfer übergibt.


    Ich muss sagen, wir haben noch keine so jungen Hunde im SD gestartet, dass die nicht schon ein AUS, Sitz, Platz etc. gehabt hätten.


    Üblicherweise sollte der HF diese Dinge zuhause geübt haben, der Hund sollte auf Kommando AUSlassen, aber nicht vor dem Kommando, d.h. solange ruhig halten, bis das AUS ertönt oder wahlweise ein zwangloses "lass los" oder wie auch immer man das gestalten möchte. Der Hund sollte bereits Positionswechsel von Sitz-Platz mit und ohne Beute im Maul verstehen, sowie ein akzeptables Platz-Bleib.


    Mit wachsender Routine und Alter des Hundes wird der Helfer auch ernster, übt mehr Druck aus etc.


    Ich sag immer "einem Rennpferd muss man ja auch nicht das Rennen beibringen, sondern die Bremse und die Lenkung"


    Hab ich was vergessen, so jetzt für das Starten? :/ 8o

  • Wie schafft ihr es dann, das die Hunde keinen Konflikt beim Aus bekommen, wenn ihr von Anfang an Konflikt auf die Beute macht. Unser Aufbau hat das Ziel, das es primär um die Auseinandersetzung mit dem Helfer und nicht so sehr um die Beute als solche geht, dadurch hat bei uns kein Hund ein Problem mit dem Trennen. Wir versuchen insgesamt, sowohl in der Unterordnung als auch im Schutzdienst, so wenig Konflikte wie möglich zu bekommen, damit die Hunde offen und frei bleiben. Deswegen baue ich auch das Verbellen außerhalb vom Schutzdienst auf und bringe dem Hund einfach bei auf Kommando zu Bellen und übertrage das erst in den Schutzdienst, wenn er auf Kommando ganz sicher und anhaltend bellt.

  • Gute Fragen. Das hilft mir selber mich gedanklich damit mehr (oder wieder mal) auseinanderzusetzen.


    Wir bauen das Trennen im Vorfeld schon von ganz jung an auf. Das ist eine Methode "Korrektes Spielen mit dem Hund", geht mit zwei identischen Spielsachen vonstatten, wird vom HF zuhause aufgebaut und dann auf den Platz übertragen, bezieht phasenweise 2 menschliche Spielpartner gleichzeitig ein und deckt einen recht grossen Bereich von Basiskompetenzen ab, die der Hund dann im SD brauchen kann. (oder auch im Alltag). Impulskontrolle, Auslassen, Konzentration und Aufmerksamkeit, Zuhören, Unterscheidung von Stimmkommandos in Trieblage etc. (es gibt einen ganz konkreten Schritt für Schritt Aufbau von der "Korrekt Spielen Methode")

    In diesen Übungen wird u.a. das Trennen grundsätzlich positiv aufgebaut (Trennen ist der Beginn des Spieles, nicht das Ende), kann aber auch, je nach Hund, mit etwas negativer Verstärkung unterstützt werden, sodass der Hund später auch versteht wie man auf negative Verstärkung korrekt reagiert, falls diese eingesetzt wird.


    Wir möchten ebenfalls Konflikte so gut wie möglich vermeiden, gehen deshalb kleinschrittig vor, mit dem Ziel, dass der Hund versteht worum es gerade geht und wie er agieren muss damit der Spass weitergeht.


    Mein Kommando für Stellen und Verbellen ist immer noch "Gib Laut", nicht Voran, Revier oder Aus wie bei vielen anderen, weil ich das Verbellen aufgebaut habe, indem ich meinem Hund vorgebellt habe 8o Aber ich habe zwischendrin schon mal, selten, "AUS-Gib Laut" kombiniert und so geübt, dass Axel geschmeidig trennt. Aber es ist nicht meine gewohnte Taktik.

  • Ich glaube, wenn man einen Hund hat der von sich aus einfach gerne "in den Krieg zieht", wird das ablassen früher oder später trotzdem oft zum Thema, unabhängig davon wie man den Hund gestartet hat.

    Ero wurde nicht über die Beute aufgebaut, aber auch nicht über klassisches Helfertreiben (aber so in die Richtung).

    Der liebt die Auseinandersetzung mit dem Helfer im (Ver)bellen, aber die Beute ist am Ende eben sein Kanal (was auch so sein sollte, damit der Hund sauber arbeitet und auch Griffmäßig ein gutes Bild macht).

    Und auch IM Ärmel kann Hund sich wunderbar mit dem Helfer auseinander setzen und diesen dominieren.

  • Ich kenne schon einige Hunde die gerne "in den Krieg ziehen", von denen keiner ein grundsätzliches Problem beim Trennen hat. Das die irgendwann mal kurz dran erinnert werden müssen, das aus auch wirklich aus heißt, ja das passiert, aber das man vor der Prüfung Bedenken hat, das der Hund trennt, hat von denen keiner.

    Wahrscheinlich liegt es aber nicht nur daran, wie man den Hund aufgebaut hat, sondern insgesamt wie der Hund gearbeitet wird.

  • Unser Aufbau hat das Ziel, das es primär um die Auseinandersetzung mit dem Helfer und nicht so sehr um die Beute...

    Bedeutet das nicht gleichzeitig auch, es wird ein "Konflikt mit einem Menschen" trainiert?


    Bislang habe ich den Unterschied zwischen Ausbildung "früher" und heute so verstanden, das man heute nur noch über den Beutetrieb ausbildet.

    ...wenn man einen Hund hat der von sich aus einfach gerne "in den Krieg zieht"...

    Wie ist hier denn dann die Gefahr einzuschätzen,das ein solcher Hund generalisiert und außerhalb des Hundeplatzes einen Konflikt mit einem Menschen mit erlernten Verhaltensweisen auf dem Hundeplatz verknüpft? Oder besteht die nicht?

  • Ja, im Endeffekt hat man einen Konflikt mit einem Menschen. Aber das ganze wird stark ritualisiert, ist gebunden an einen bestimmten Ort und wird verknüpft mit einem Start und Stopp Kommando, so das der Hund genau weiß, wann er darf und wann nicht. Wir legen ganz viel Wert darauf, das die Hunde neutral mit Menschen sind und gehen zum Beispiel bewußt mit einem Welpen, der beim Helfertreiben richtig Gas gegeben hat, direkt danach zwischen die Zuschauer, wo der Hund sich wieder neutral verhalten muss.

    Ganz im Gegenteil hilft es Hunden, die viel Aggression mitbringen, sich im Alltag neutral zu verhalten, wenn sie ihre Aggression auf dem Hundeplatz kontrolliert ausleben können.

    Die schlimmsten Unfälle mit Hunden passieren meines Wissens auch eher aus fehlgeleitetem Beutefangverhalten als aus Aggression.

  • Bislang habe ich den Unterschied zwischen Ausbildung "früher" und heute so verstanden, das man heute nur noch über den Beutetrieb ausbildet.

    Jein. Wie man heute ausbildet ist eher eine Frage des Geschmackes, bzw. halt wie die jeweiligen Ausbilder es bevorzugen. Wir Beuteleute (hihi, lustiges Wort) wollen ja später auch eine vernünftige Aggression, in unserem Falle normalerweise auf Beutefrustration basierend. Aggression ist hier, m.E. eher so zu verstehen, wie man zu Fussballern sagt "sie gingen aggressiv nach vorne... - oder ..... es fehlte an Aggression im Spielverhalten - die dominantere Mannschaft waren die Bay...... äh sorry, letzteres ist mir so rausgerutscht 8o ). Als Beschreibung dafür, dass der Hund nach vorne geht, nicht weicht, die Auseinandersetzung annimmt und dagegensetzt, dabei ruhig und souverän bleibt, dominiert in der Auseinandersetzung. Auch wir sehen es gerne und erlauben es dem Hund, wenn er sich kämpferisch zeigt und es mit dem Helfer "aufnimmt".


    Es gibt definitiv Hunde, die Aggression gegenüber dem Menschen oder anderen Hunden etc. zeigen, aber die haben das als Veranlagung schon mitgebracht und es ist nicht durch Schutzdienst entstanden. Wie Mona schreibt, ist auch für diese Hunde vernünftiger SD empfehlenswert. Stichpunkt Senkung der Reizschwelle, kontrolliertes Kanalisieren von Trieben etc.


    Unsere Hunde können alle mit dem Helfer auf ner Grillparty rumsitzen oder nach/vor dem Schutzdienst neben dem Helfer auf dem Rasen liegen, sich streicheln lassen etc. Abgesehen davon machen wir auch die UO mit unserem Helfer. Da ist Null komma null Aggression oder sonstige komische Anwandlungen ausserhalb des Schutzdienst - Kontextes mit den ganz spezifischen Übungen. (ich schreibe Helfer, meine aber ausserdem auch alle anderen Personen)


    Es müsste sehr sehr seeeehr aufwändig und umständlich konkret und spezifisch mit Fachleuten trainiert werden, dass die Hunde diese Dinge auf Alltagssituationen übertragen würden. Generalisieren würde ich es auch da nicht mal nennen.


    Ja, fehlgeleitetes Beutefangverhalten ist zum Beispiel der typische Border Collie, der den Fahrradfahrer vom Fahrrad pflückt. Kommt natürlich auch bei DSH, Malinois etc vor. Stichpunkt Fahrzeugbesessenheit. Aber auch Jogger, kleine Kinder etc. Ich sehe das so wie mit der Aggression, komplett unabhängig von Schutzdienst oder sonstigem Hundesport.

  • Danke Axman , verstanden. Toll erklärt!


    Ich bin drauf gekommen, weil ich mir ernsthaft versucht habe vorzustellen, wie ich Pepper in einen Konflikt mit einem Menschen, sei es Helfer, sei es mit mir, bringen könnte.

    Da ich Pepper so konditioniert habe, das beim Menschen immer Schluss ist, egal ob ich sein Lieblingsspielzeug, ein Eis oder ein Mettbrötchen in der Hand habe, fiel mir da nix ein.

    Das hat dazu geführt, das er nie um etwas "kämpft", was mit Memschen zutun hat, egal wie gallig ich ihn mache. Seine ruhige Natur hat das noch unterstützt natürlich.


    Dann habe ich das umgedreht...und so kam ich auf meine Frage...


    Also Axman und Ruebchen :

    Also, wenn ich mit dem WoMo losfahre, würde ich mich freuen, wenn ihr mal auf diesen Hund schaut. 😃

  • Der Trick dabei ist, dass der Hund unterscheiden lernt, wo er was darf bzw. soll und wo/wann nicht. Wir haben natürlich gefördert, dass der Hund gleichermassen um sein Spielzeug "kämpft" wie er es auch ignorieren kann.


    Klar, WoMo Besuche immer gern! :)

  • Ich kenne schon einige Hunde die gerne "in den Krieg ziehen", von denen keiner ein grundsätzliches Problem beim Trennen hat. Das die irgendwann mal kurz dran erinnert werden müssen, das aus auch wirklich aus heißt, ja das passiert, aber das man vor der Prüfung Bedenken hat, das der Hund trennt, hat von denen keiner.

    Wahrscheinlich liegt es aber nicht nur daran, wie man den Hund aufgebaut hat, sondern insgesamt wie der Hund gearbeitet wird.

    Mit "Trennen ist Thema" meinte ich jetzt auch nicht unbedingt, dass man einen Hund hat, mit dem man einen dis. nach dem anderen kassiert.

    Ich meine es so, wie du geschrieben hast... es ist eben ein Thema dem man beachtung schenken muss. Ero braucht auch von Zeit zu Zeit seine Erinnerungen. Blind festbeissen tut er sich (bislang 8o ) nicht. ^^