Cleo - Oder "die vom Aussterben bedrohte Hunderasse"...

  • Ich mach hier mal einen "Cleo-Thread" auf. Ein paar von Euch wissen ja vielleicht dass ich neben dem DSH auch einen Großspitz habe. Das "Cleo-Projekt" war etwas langwierig, ich habe gut rund 5 Jahre gesucht habe bis ich einen weiblichen Welpen der Rasse Großspitz des gewünschten Farbschlages zu einem Zeitpunkt, an dem das für die Welpenübernahme optimal war, gefunden hatte. Und ich wollte ja auch nicht einfach irgend einen schwarzen Großspitz. Sondern einen, der nicht so stark ingezüchtet ist wie es manchmal innerhalb der ganz wenigen Würfe im VDH immer wieder auftritt.


    Nun habe ich neben der am weitesten verbreiteten deutschen Hunderasse, dem DSH, also auch einen Vertreter der am stärksten vom Aussterben bedrohten deutschen Hunderasse, dem Großspitz des Farbschlages schwarz/braun. Anfangs dieses Jahrtausends gab es in Europa in den FCI-Zuchtbüchern insgesamt nur noch 8 schwarze Großspitze im gemäß der Zuchtordnungen zuchtfähigen Alter. Der braune Farbschlag galt derzeit als vollständig ausgestorben. Neben dem Westerwälder Kuhhund ist der Großspitz die einzige Rasse, die in der "Roten Liste" der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen in der Kategorie 1 ( = extrem gefährdet) geführt wird. Wobei der weiße Farbschlag noch sehr viel häufiger vertreten ist als der schwarze und braune.


    Cleo stammt zwar aus FCI-Zuchtlinien, ist selbst aber in der bösen "Dissidenz" geboren. Ihre Mutter hat ihre ersten beiden Würfe noch im VDH zur Welt gebracht, danach sind Cleos Züchter aus dem VDH ausgetreten. Dito die Züchter von Cleos Vater. Somit waren alle vier Großelternteile von Cleo in FCI-Verbänden zuchtzugelassen. Aber ihr Vater entstammt einer Anpaarung, die so im VDH-Zuchtverband nicht hätte gemacht werden dürfen. Dort wird die Varietät Großspitz nämlich weiterhin streng ausschließlich in den sog. "Altfarben" ( = rein weiß, rein schwarz oder rein braun) gezüchtet, während es die drei kleineren Varietäten inzwischen in kunterbunt gibt. Lediglich die Bestimmungen der Verpaarungen der Farbschläge untereinander wurden etwas gelockert in den letzten 6 Jahren. Der weiße und der schwarze Farbschlag darf inzwischen auch ohne Sondergenehmigung miteinander verpaart werden.


    Problematisch war aber dass die Weißen fast alle die genetische Veranlagung für weiße Abzeichen tragen. Die waren bei den farbigen Großspitzen bis dieses Jahr explizit verboten. Somit konnte dann kaum ein schwarzer Großspitz aus einer Schwarz-Weiß-Verpaarung die für die Zuchtzulassung notwendigen zwei Schaubewertungen mit mind. "sehr gut" erhalten. Die Erweiterung des Genpools war in der Praxis damit nicht erfolgt. Die "IG Spitze", die sich in die "Dissidenz" zurück gezogen hatte, hat für die Zuchtzulassung zwar höhere gesundheitliche Vorgaben, aber sie lässt den Züchtern in Bezug auf die Farben der Großspitze einen deutlich größeren Spielraum. So gilt die Farbe von Cleos Vater, der aus der Verpaarung einer weißen Großspitzhündin mit einem sablefarbigen zu groß geratenen Mittelspitz stammt, im VDH als "Fehlfarbe".


    Seit Anfang diesen Jahres gelten auch schwarze und braune Großspitze mit kleinen weißen Abzeichen lt. Standard als zuchtfähig. Nun schwanken einige Hunde in ihren Bewertungen immer zwischen "Best of Breed" und "disqualifiziert", weil die Zuchtrichter unterschiedlicher Auffassung sind was ein "kleines" weißes Abzeichen ist bzw. ab wann es das nicht mehr ist...


    Cleo ist aber trotzdem rein schwarz und ich habe sie im VDH als Großspitz in das Anhangregister aufnehmen lassen. Inzwischen hat sie drei Schaubewertungen im "Vorzüglich" und erfüllt somit die Bedingungen um in die sog. "Ausleseklasse" im verband aufgenommen zu werden. Sie hat auch einige Anwartschaften auf den Titel des Clubsiegers und VDH Champions, hat auf einer CACIB das "Best of Breed" gewonnen. Ich werde aber ihre Ausstellungskarriere nicht weiter verfolgen. Das ist nicht so mein Ding... Für die Zuchtzulassung hat sie iher notwendigen Bewertungen und das reicht mir.


    Was macht man nun mit einem Spitz??? Anwort: Eigentlich fast alles.... 8) Spitze sind super intelligent, und ich habe es nie verstanden warum der Großspitz und auch der Mittelspitz fast vollständig von der Bildfläche verschwunden ist. Zumindest ich finde sie wunderschön, und sie sind von ihrer Mentalität her bedeutend besser gesellschaftsfähig als viele "Spezialisten-Rassen", die aus dem Ausland stammen und heute in unserem modernen Umfeld ihre Halter häufig an deren Grenzen treiben. Es mag chic sein z.B. einen Australien Cattle Dog oder einen Border Collie oder einen Rhodesian Ridgeback zu habe, z.B. ein

    Australian Shepherd oder ein Catahoula Leopard Dog können aussergewöhnlich interessant aussehen. Der durchschnittlich befähigte Hundehalter ist aber mit der Mentalität solcher Rassen nicht selten überfordert.


    Der Spitz hat eher einen "altbackenen" Ruf. Ich versteh gar nicht warum.... Wer einen Hund haben möchte, mit dem es nie langweilig wird, der aber sehr leicht lernt und wenig Trieb zum Wildern besitzt, ist mit einem Spitz nicht schlecht beraten. Der Spitz muss nicht zwangsläufig "extrembespasst" werden, sondern ist auch mit normalen Spaziergängen zufrieden. Und es reicht ihm auch mal nur den Hof oder Garten oder Balkon "zu bewachen". Andererseits hat er nichts dagegen lange Wanderungen zu unternehmen oder in diversen Hundesportarten gefördert zu werden. Aber er fordert es nicht, wie man andere moderne Rasse.


    Cleo läuft seit diesem Jahr im Agility. Sie trainiert seit letztem Sommer mit einer jugendlichen Hundeführerin unseres Vereins. Die beiden sind im Frühjahr in der A0 gestartet und haben sich für die Teilnahme im A1, der niedrigsten der drei Leistungsklassen, qualifiziert. Dort warten sie dann auf Anhieb so gut dass sie sich für die Teilnahme an der Jugendlandesmeisterschaft des Hundesportverbandes Rhein-Main qualifiziert haben. Dort haben sie sich den Titel "Jugend-Landesmeister A1 Medium" geholt und die Qualifikation für die Teilnahme an der Deutsche Meisterschaft im Agility des Deutschen Hundesportverbandes im September in Deutzen bei Leipzig. Von dort sind sie dann nach zwei Siegen im A-Lauf und im Jumping mit dem Titel "Deutscher Jugenmeister A1 Medium" heim gekommen.


    Gleichzeitig führe ich Cleo in der Unterordnung. Ich habe letztes Jahr im Frühjahr mit ihr die BH-VT abgelegt und im Herbst die BGH1 (mit 86 Punkten). Dieses Jahr habe ich bis zur Deutschen Meisterschaft nicht mit ihr gearbeitet um Pia das Training nicht zu erschweren. Nach der DM habe ich dann mit dem Apportieren und dem Voraus begonnen, um 2 1/2 Wochen später die IBGH2 mit 96 Punkten abzulegen (größter Fehler war dass sie das erste Platz-Hörzeichen beim Voraus nicht angenommen und ein zweites benötigt hat).


    Für Agility, Obedience und vermutlich auch die Fährtenarbeit (dafür bin ich zu faul um das mit dem Spitz auch noch zu trainieren, das Geruchsvermögen jedenfalls ist erstklassig) hat man mit dem Spitz einen begeisterten Workoholic, der aber nicht nervt wenn er nichts zu tun hat. Auch für andere Hundesportarten sind Spitze sehr gut zu begeistern. Man muss sie halt ausbilden, wie jede andere Rasse auch (was von einigen Spitzhaltern halt leider nicht gemacht wird).

  • Hier der Link zu einer Trainingssequenz am Wochenende. Da wurde das Tempo raus genommen, weil es um Körpersprache und Positionierung des Hundeführers ging. Cleo kann auch "schnell" und lässt in ihrer Größenkategorie viele Shelties blass werden...


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  • danke für diesen interessanten Beitrag


    ich kenne den spitz in allen größen eigentlich nur als "oma" hund auf dem land (so von früher) als hühnerhund :)

    die kleinen ehern in der stadt

    in braun hab ich tatsächlich noch keinen gesehen, schwarz schon ehern


    wir haben hier in der nähe einen vermehrer der spitze produziert (die wortwahl ist mit absicht so gewählt aufgrund der haltungsbedingungen), die aber in weiss

    und ich sehe auch wirklich nur omis oder leute mit einem niedrigen energielevel mit spitzen


    im verein hab ich jetzt schon einige jahre keinen großen spitz mehr gesehen


    was mir immer negativ beim spitz aufgefallen ist, die nervige bellerei und das ehern "hinterhältige" gezwicke

    ob das deswegen gehäuft aufgefallen ist weil der besitzertypus immer ähnlich war oder ehern rassetypisch is t, wäre interessant zu erfahren

  • Das Ist ja echt interessant!

    Meine Großeltern und Onkel hielten immer Spitze auf ihrem Bauernhof. Die liefen auf dem Gelände frei umher, spielten mit uns Kindern, waren extrem wachsam - und auch mal linke Socken, weil sie einem von hinten in die Hose zwickten. In schwarz habe auch ich diese Hunde noch nie zu Gesicht bekommen.


    Ich persönlich stehe ja mehr auf die kurzhaarigen Hunde, auch die Spitze waren mir immer zu "wollig".

  • Die Bellerei hält sich in Grenzen. Klar bellt Cleo, gerne sogar. Und aus anderen Gründen als die Schäferhunde. Aber sie bellt nicht mehr als diese, und man kann es gut reglementieren. Im Training z.B. nervt sie kaum durch Bellerei. Da finde ich viele Border Collies, Australian Shepherds, Pudel und auch Teckel nerviger, wie während der Arbeit oder wenn sie im Auto oder angebunden mal warten müssen am dauerkläffen sind.


    Cleo ist ein Hund der offen und frei auf jeden Menschen zu geht. Es gibt gerade beim Großspitz aber auch andere Tendenzen. Die Hunde sind dann Fremden gegenüber eher zurückhaltend und weichen denen aus. Ich habe auf den Schauen erst einmal einen Großspitz schnappen sehen (der wurde dann auch umgehend disqualifiziert). Natürlich ist der Spitz nervlich nicht "so stabil" wie ein durchschnittlicher DSH aus Leistungslinien. Er ist sehr feinfühlig, dadurch aber auch sehr leicht ausbildbar. Aber das "Fremdeln" vieler Spitze ist meiner Meinung nach "hausgemacht". Nicht selten behalten die Spitzzüchter ihre Welpen bis zur 12. Lebenswoche, manchmal noch drüber hinaus. Und haben Angst davor dass Besuch Keime ins Haus bringt. Es gibt Spitzzüchter, da darf vor der 8. Lebenswoche kein Welpenkäufer ins Haus kommen. Für mich logisch dass solche Hunde dann später zeitlebens Probleme haben mit fremden Menschen. Mit 16 Wochen geht diesbezüglich eine Türe zu die man nie wieder auf bekommt. Und neusten Erkenntnissen nach sollten Welpen/Junghunde bis dahin um die 200 verschiedene Menschen kennen gelernt haben, damit aus ihnen Menschen gegenüber offene und freie Hunde werden. Verteilt auf ca. 100 bis Vollendung der 8. Lebenswoche, und weitere ca. 100 von der 9. bis 16. Lebenswoche.


    Zur Fellpflege: Der Großspitz und auch viele "altfarbigen" Mittelspitze haben ein eher gemäßigtes Langstockhaar, welches ich völlig pflegeleicht finde. Diesbezüglich besser als bei meinen recht kurzstockhaarigen DSHs. Das abgestorbene Fell bleibt hängen und fliegt nicht durch die ganze Wohnung. Man hat es im (weitzinkigen) Kamm, wenn man denn den Hund zwischendurch mal kämmt. Viele Spitzhalter sagen sie würden ihre Hunde 1 x pro Woche bürsten... Ganz ehrlich? So oft sieht Cleo bei mir weder Kamm noch Bürste.... Wenn sie mal matschig ist entfaltet das Fell einen Selbstreinigungscharakter. Sie legt sich matschig schlafen, reckt und streckt sich nach dem Aufwachen, schüttelt sich einmal und dann kann man das Sand-/Erdhäufchen dort zusammen kehren wo sie geschlafen hat. Sie selbst ist dann wieder sauber (bei den Schäfis muss ich den angetrockneten Matsch dann aus dem Fell bürsten).


    Aber das Fell ist tatsächlich nicht vergleichbar mit dem der modernen Wolfsspitze oder vieler Klein-/Zwergspitze. Die sehen in der Tat eher aus wie aufgeplatzte Sofakissen, und da klagen die Halter dann auch oft über Verfilzungen. Die es bei Großspitzen nur selten gibt (z.B. durch Kastration bedingt, wenn die Hunde durch die Hormonumstellung ein "Welpenfell" bekommen; das betrifft aber andere Rassen genau so).

  • Vielen Dank für den interessanten Beitrag, Waschbär.

    Ich finde es total klasse, dass du Cleo mit der Jugend trainieren lässt. Es gibt bestimmt viele die daran Interesse haben.


    Das heißt du züchtest mit Cleo dann auch um die Rasse zu erhalten?

  • Odin: Genau einen derart "eng" gezüchteten Spitz wie aus dieser Zuchtstätte wollte ich nicht haben. Bei den Ahnenverlustkoeffizienten der Würfe dort wird mir schlecht. Und ganz ehrlich: 2800 bzw. 3000 Euro für einen Welpen halte ich für äußerst unverschämt. So viel sollten Welpen aus ihren Großspitzwürfen lt. ihrer Anzeigen im Internet kosten in dem Jahr, in dem ich Cleo gekauft habe.


    Inzwischen sind sie günstiger, denn die Dame züchtet seit letztem Jahr nicht mehr im VDH. Nachdem es wohl mehrfach Unstimmigkeiten gegeben hat bei den Wurfabnahmen (sie züchtet ja auch Zwergspitze und hat davon immer meist mehrer Würfe gleichzeitig) hatten sich der Vorstand und sie angeblich auf einen sofort wirksamen Austritt ihrerseits geeinigt. So zumindest wurde mir berichtet von Personen die bei der Veranstaltung, bei der das so passiert sein soll, anwesend waren....


    Optisch teilweise sehr schöne Großpitze. In Bezug auf die Anpaarungen, im Hinblick auf den eh schon extrem engen Genpool, aber sehr fragwürdig...

  • Das heißt du züchtest mit Cleo dann auch um die Rasse zu erhalten?

    Da Cleo "nur" eine Registerhündin ist werden mir diesbezüglich einige Steine in den Weg gelegt, Die wir aber nach und nach weg räumen. Ja, ein Wurf ist geplant, und der Deckrüde steht auch schon fest. Vermutlich der einzige, der lt, Hauptzuchtwartin überhaupt zugelassen werden würde, und der zugleich auch meinen Kriterien entspricht. Ich weiß aber noch nicht ob das ganze Zuchzulassungsprocedere bis zum Frühjahr klappen wird. Allein der internationale Zwingerschutz kann dafür zu lange dauern. Wenn nicht ist's auch nicht schlimm. Dann steht 2020 ganz im Zeichen des Sportes und wir gehen das Projekt Großspitzwelpen einfach ein Jahr später an.

  • Das heißt du züchtest mit Cleo dann auch um die Rasse zu erhalten?

    Da Cleo "nur" eine Registerhündin ist werden mir diesbezüglich einige Steine in den Weg gelegt, Die wir aber nach und nach weg räumen. Ja, ein Wurf ist geplant, und der Deckrüde steht auch schon fest. Vermutlich der einzige, der lt, Hauptzuchtwartin überhaupt zugelassen werden würde, und der zugleich auch meinen Kriterien entspricht. Ich weiß aber noch nicht ob das ganze Zuchzulassungsprocedere bis zum Frühjahr klappen wird. Allein der internationale Zwingerschutz kann dafür zu lange dauern. Wenn nicht ist's auch nicht schlimm. Dann steht 2020 ganz im Zeichen des Sportes und wir gehen das Projekt Großspitzwelpen einfach ein Jahr später an.

    Wow, was für eine schöne Hündin?


    Dann kannst du uns ja hier ein wenig auf dem Laufenden halten. Das klingt sehr spannend und ich drücke euch alle verfügbaren Daumen und Pfoten für euer Vorhaben.