Die Erziehung von Welpen - was ist wirklich wichtig?

  • Es fällt in Hundeforen immer wieder auf, dass Welpen wie kleine erwachsene Hunde gesehen und behandelt werden.

    Aber ein Welpe von 8 Wochen ist ein Hundebaby mit den eingeschränkten Fähigkeiten eines Babys und mit dem Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit.


    In seinem natürlichen Rudel hatte der Welpe alles, was er braucht. Eine fürsorgliche Hundemutter, die ihm zärtlich das Gesicht leckt, Körperwärme und Geborgenheit beim Schlafen mit den Geschwistern, Spielkameraden, mit denen er viel Spaß hatte, eine vertraute, sichere Umgebung, die Sicherheit, dass er nie alleine ist, weil das in der Natur seinen Tod bedeuten würde.

    Zieht der Welpe dann zu seinen neuen Menschen, verliert er auf einen Schlag alles, was ihm bisher Sicherheit und Geborgenheit gegeben hat.

    Er wird aus seiner Familie herausgerissen, aus seiner vertrauten Umgebung.

    Das Hundebaby soll in einer fremden Umgebung dann meistens noch alleine in einer Box eingesperrt schlafen.

    Es ist alles fremd UND es fehlt jede Geborgenheit durch Körperkontakt beim Schlafen.


    In der neuen Familie gibt es nun jede Menge Verbote. Der Welpe versteht nicht, dass ein Teppich Geld gekostet hat, dass Vorhänge nicht dazu gedacht sind, sich mit den Zähnen dranzuhängen, dass Stuhlbeine nach einer Kauprobe hässlich aussehen.
    Es wird dem Welpen oft unterstellt, er wüsste, dass er etwas "Falsches" macht.
    Aber auch ein mehrmaliges "nein" macht ihm nicht klar, warum es auf einmal so viele Tabus gibt.


    Der Welpe fühlt sich nun alleine und unverstanden, dies kann eine nachhaltige Unsicherheit entstehen lassen.
    Er hat nur sein genetisches Programm, kann sich nicht anders wie ein Welpe verhalten.
    Diese schwierige Phase, in der grundlegende Verhaltensprobleme entstehen können, sollte von der neuen Familie mit viel Verständnis und Einfühlungsvermögen begleitet werden.

    Das, was man üblicherweise als Welpenerziehung versteht, ist für den Welpen und seine Entwicklung erstmal unwichtig.
    Gehorsam, Tricks, Kommandos, Auslastung...... völlig unbrauchbar für die Welpenerziehung.


    Am Anfang muss der Bindungs- und Vertrauensaufbau stehen.

    Geborgenheit, Sicherheit, ein Grundvertrauen, ein souveräner, gelassener Mensch, der feinfühlig und mit Humor auf die Bedürfnisse des Welpen achtet, das ist die Grundlage.

    Ohne diese Grundlage wird der weitere Aufbau nicht wirklich gelingen.


    Die ersten 6 Monate im Leben des Welpen sind entscheidend für sein späteres Wesen.

    Die ersten beiden Monate lebt er in seiner Hundefamilie, die nächsten 4 Monate muss die neue Familie sehr umsichtig dafür sorgen, dass sich das Hundebaby zu einem wesenssicheren Junghund entwickelt.


    Erste Familienregeln lernt der Welpe durch liebevolles, vorausschauendes Handeln.

    Er weiß am Anfang nicht, was "nein" bedeutet, also muss man alles welpensicher machen und unerwünschtes Verhalten spielerisch umlenken.


    Ein Menschenbaby nimmt auch alles in den Mund, weil es so seine Umwelt erkundet.

    Mit einem strengen "aus" würde man das Baby verstören und zum Weinen bringen.

    Also sollte man das mit einem Welpen auch nicht machen.

    Ein Welpe sollte eine unbeschwerte Kindheit haben.

    Regeln kann man ihm spielerisch und freundlich beibringen.

    Strenge Befehle sind überflüssig und verstören ihn nur.

  • Die Erziehungsfragen in der Anfangszeit sind meistens:


    Wie bekomme ich den Welpen schnell stubenrein?
    Wie gewöhne ich ihm das Beißen ab?
    Wie kann ich ihm abgewöhnen, alles ins Maul zu nehmen und anzuknabbern?
    Wie bekomme ich den Welpen zur Ruhe?
    Wie gewöhne ich ihn an das Alleinesein?
    Wie bringe ich ihm erste Kommandos bei?


    Dazu kann ich nur sagen:

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.


    1. Ein Welpe wird stubenrein, wenn er körperlich die Reife dafür hat.

    Mit einem guten Timing kann man viele Pfützen im Haus verhindern. Beschleunigen kann man die Stubenreinheit nicht.


    2. Das Beißen ist normal und gehört zum Spielen bei einem Welpen.

    Man müsste sehr harsch mit dem Hundekind umgehen, um ihm das abzugewöhnen.

    Sinnvoller ist es, die Beißhemmung zu üben. Der Welpe soll lernen, die Zähne sanft einzusetzen.

    Dafür muss er ausreichend mit den Zähnen spielen können - mit dem Menschen und mit anderen Hunden.


    3. Es ist auch normal, dass der Welpe alles in die Schnauze nimmt und ankaut.

    Das ist ein normales Erkundungsverhalten und sollte nicht ständig unterbrochen werden.

    Der Welpe bekommt sonst das Gefühl, dass er irgendwie "falsch" ist.

    Das kann ihn sehr verunsichern.


    Ich würde den Welpen dabei beobachten und nur gefährliche Dinge freundlich abnehmen. Er macht ja nichts falsch und Strenge ist darum unangebracht.


    Das oft erwähnte "Kaubedürfnis" eines Welpen ist nach meiner Ansicht nicht sehr ausgeprägt. Es ist ein Erkundungsverhalten und kann durch die ständige Gabe von Kauknochen und dergleichen NICHT befriedigt werden.


    4. Wenn man ständig Kauknochen und dergleichen verwendet, um den Welpen "zur Ruhe zu bringen", läuft etwas falsch.

    Ein Welpe muss lebhaft sein, sich viel bewegen und spielen können.

    Ein ruhiger Welpe würde mir eher Sorgen machen.


    Wenn ein Welpe ausreichend draußen die Natur erkundet und gespielt hat, dann wird er von alleine ruhiger und kann gut schlafen.

    Welpen regulieren sich gut selbst herunter.


    5. Alleinebleiben kann ein Welpe erst, wenn er ein entsprechendes Alter hat.

    Ein Kind lässt man auch erst allein, wenn es eine entsprechende Reife hat.

    Natürlich kann man mal kurz den Müll rausbringen, das kann der Welpe verkraften.

    Trainieren muss man das Alleinebleiben nicht. Nach meiner Erfahrung sind Vertrauen und Sicherheit die Voraussetzungen, damit der Hund später alleine bleiben kann.

    Die Lernschritte ergeben sich aus dem Alltag, indem man z. B. mal in den Garten geht und der Hund bleibt drin.


    6. Das Üben von Kommandos ist in der Welpenzeit noch nicht wichtig.

    Das Heranrufen ist kein Kommando, sondern eine soziale Aktion.

    Ein Welpe kommt, wenn man ihn ruft, sobald er laufen kann, weil er einen Folgetrieb hat.

    Das muss man sich nur erhalten.

  • Deine Ansicht diesbezüglich finde ich sehr gut. Deckt sich mit meiner Meinung und meinen Erfahrungen. Ich kann ebenfalls nicht nachvollziehen, wenn Leute meinen ein Welpe muss nach ein paar Tagen stubenrein sein. Oder am besten schon beim Einzug mit durchschnittlich acht bis neun Wochen. Statt das man sich mit genug Küchenrolle und Sagrotanspray bewaffnet, und die Arschbacken „zusammen kneift“ (und halt etwas länger putzt), wird der Welpe bei Wind und Wetter nach draußen gezwungen. Ich kann jetzt freilich nur von meinen kurzhaarigen Boxerchen reden, für die das der Horror ist. Gerade wenn man einen Welpen hat, der im Winter geboren ist (so wie ich gerade einen habe). Und wenn ich das jemandem so näher bringe, ernte ich Unverständnis, begleitet mit den Worten, „warum tust du dir das an“. Die Antwort: weil sie es mir Wert ist. Der Sommer kommt, sie wird älter, man geht öfter und länger miteinander raus, und wie du schon sagst, wenn der Hund die nötige körperliche Reife hat, wird er von alleine nicht mehr ins Haus machen. War bei meiner alten Hündin 1:1 das Gleiche. Und wenn der nächste Herbst/Winter kommt, dann ist Hundi nicht mehr so arg empfindlich gegenüber Nässe und Kälte, und geht auch wenn es schneit gerne vor die Tür.

    Was das Thema lernen angeht, grundsätzlich stimme ich dir absolut zu. Ein Baby/Welpe muss erstmal die nötige geistige Reife haben, um wirklich (Kommandos) lernen zu können. Auf der anderen Seite, wenn ich jedoch sehe, wie eifrig die Zwerge mitmachen, und mit wieviel Begeisterung sie dabei sind, wenn es ein Lecker dafür gibt, und noch besser: man freut sich so darüber wenn etwas gelingt, das sich der Welpe halb überschlägt vor Begeisterung weil er alles richtig gemacht hat, dann bin ich schon der Ansicht, das es nicht verkehrt sein kann, mit dem kleinen Zwerg (ganz entspannt, daheim) jeden Tag mehrere kurze Trainingseinheiten in den Tagesablauf zu integrieren. ...vielleicht hast du das im Endeffekt genauso gemeint wie ich das jetzt geschrieben habe, aber im Endeffekt wollte ich dich eigentlich nur wissen lassen, das ich es schön finde, mit meiner Meinung zum Thema „wie geht man richtig mit einem Welpen um“ nicht allein da stehe. :)

  • Ich würde erst einmal definieren was noch ein Welpe ist, und ab wann man besser von einem Junghund sprechen sollte.

    Dazu kann ich nur sagen:

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

    Man kann Gras aber anders zum schnelleren Wachstum bewegen als dran zu ziehen. Und genau so kann man bei einen Welpen/Junghund durchaus auch frühzeitig mit der Erziehung beginnen. Und je eher ein Hund bestimmte Erziehungsfortschritte erreicht, desto eher kann er auch adäquate Freiheiten erhalten.

    1. Ein Welpe wird stubenrein, wenn er körperlich die Reife dafür hat.

    Mit einem guten Timing kann man viele Pfützen im Haus verhindern. Beschleunigen kann man die Stubenreinheit nicht.

    Hm, und warum waren dann hier alle Hunde spätestens nach der 9. Woche stubenrein? Und ja, auch das anzeigen das er jetzt mal raus muß gehört genau so zur Stubenreinheit, nicht nur das einhalten bis zum "platzen". Und das kann ein Hund sehr schnell lernen.

    2. Das Beißen ist normal und gehört zum Spielen bei einem Welpen.

    Man müsste sehr harsch mit dem Hundekind umgehen, um ihm das abzugewöhnen.

    Sinnvoller ist es, die Beißhemmung zu üben. Der Welpe soll lernen, die Zähne sanft einzusetzen.

    Dafür muss er ausreichend mit den Zähnen spielen können - mit dem Menschen und mit anderen Hunden.

    Und was ist die Beißhemmung anders als das Abgewöhnen vom beißen? :/ Etwas sanft ins Maul zu nehmen hat ja nichts (mehr) mit beißen zu tun.

    6. Das Üben von Kommandos ist in der Welpenzeit noch nicht wichtig.

    Das Heranrufen ist kein Kommando, sondern eine soziale Aktion.

    Ein Welpe kommt, wenn man ihn ruft, sobald er laufen kann, weil er einen Folgetrieb hat.

    Das muss man sich nur erhalten.

    Falsch, der Folgetrieb bewirkt das ein Welpe unaufgefordert folgt, DAS ist eine soziale Aktion. Sobald ich ihn rufe gebe/konditioniere ich aber ein Kommando.

    Und natürlich ist es wichtig schon in der "Welpenzeit" Kommandos zu üben, schließlich lege ich damit schon, noch mehr oder weniger spielerisch, den Grundstock für später.

  • Wenn ich das hier lese muss wieder einmal schmunzeln. Das Leben ist von Geburt an ein Prozess des Lernens. Wenn es spielerisch von statten geht und man bzw. das Tier dabei Spaß hat stellen sich die Erfolge oft schneller ein.

    Entschuldigt wenn ich das hier so sage. Manchmal kommt es mir vor als ob zwei Laubenpieper (Gärtner in einer Schrebergartenanlage) über die Satzung der Kleingartenanlage diskutieren. Der eine nimmt Kompost der andere Kunstdünger.

    Beide haben auf ihre Weise recht. Am Ende zählt das Ergebnis. Warum muss ich Beiträge zerlegen und zitieren und andere immer so hinstellen als hätten sie keine Ahnung. Natürlich hat jeder seine eigene Meinung. Ich schau mit oft Sendungen von Cesar Milan, Martin Rütter, Holger Schlüter, Andreas Oligschläger und wie sie alle heißen an. Auch hier gehen die Meinungen auseinander.

    Man muss sein Tier lesen lernen. Am Ende machts die Mischung.

  • Ich gehöre auch nicht zwingend zu der Sorte Hundemama, die ihren Welpen schon am Tag des Einzuges anfängt zu "Dressieren", aber das Problem ist auch, dass die Neugier ganz schnell größer wird, als der Folgetrieb und das hat mir meine Chaosfürstin schon sehr früh bewiesen, indem sie einen Vogel spannender fand, als Bene und mich und ins halbhoch gewachsene Gerstenfeld hopste, um darin zu verschwinden. Statt aus dem Labyrinth der Halme den Weg zu uns zu suchen, rannte sie schnurstraks zurück nach Hause ... über die Bahngleise und über die Straße!


    Das war der Punkt, an dem ich mit dem Schleppleinentraining begann und da war Chia gerade mal vier Monate alt. Ich möchte keinen kadavergehörsamen Hund, der devot meine Befehle ausführt, aber wenn mein Hund zur Gefahr für sich und andere wird, dann ist es mit der körperlichen und geistigen Freiheit vorbei und der Rückruf wird trainiert, denn je schneller und besser der klappt, desto früher genießt der Hund wieder die weit gesteckten Grenzen, die ich meinen Hunden durchaus anbiete, solange sie die nicht überschreiten.


    Was ich aber auch denke ist, dass man auch im Bezug auf die Erziehung die Individualität jedes Hundes berücksichtigen muss.


    Einen so leistungsbereiten Hund wie Chia hatte ich bislang auch noch nicht und bei ihr musste ich im Bezug auf meine legere Erziehung recht schnell überdenken, denn mit Laissez-fairem Freiheitsdenken wäre ihr Forscherdrang ins Unermessliche gestiegen.


    Sie will mental gefördert und gefordert werden, braucht Auslastung in jeder Hinsicht, weil sie sich sonst langweilt und eigene Ideen entwickelt, die meist darin enden, dass etwas kaputt geht. Machen und erwachsen werden lassen, wäre bei ihrem Forschergeist und ihrem Hang zum Grenzentesten, ein echtes Wagnis.


    Aber wie ich schon schrieb: Bis Chia bei uns einzog, hätte ich Deine Gedanken, liebe Muriel durchaus vollumfänglich geteilt, aber mit meinem ersten Welpen aus dem Tierheim, die gelernt hatte, hinzupieschern, wo man geht und steht, weil keiner Zeit hatte, die Welpen zur Sauberkeit zu erziehen, hatte ich eine Hündin, die fast ein Jahr alt wurde, bis sie keine Pfützchen und Häufchen mehr im Haus machte. Da hätte eine frühzeitigere Reinheitserziehung vielleicht die Früchte getragen, die zu einer früheren Stubenreinheit geführt hätte. Trotzdem war sie ein Hund, der meine Kommandos nie hinterfragte und mich als Hundeführer nie herausforderte.


    Mit Joe hatte ich einen Welpen, der Zeit seines Leben immer im Umkreis von 10 Metern zu mir blieb und der nie eine Schleppleine oder überhaupt eine Leine trug, weil er gar nicht erst austestete, ob der Spaßfaktor außerhalb meines Dunstkreises höher wird.


    Und die Bommeline schlug ihre Welpenzähnchen lieber in das Fell von ihrem "großen Bruder" Müsli, als in Menschenhände - dafür gab es dann einen Anschiss von dem Leo-Rüden, der die Bommeline so beeindruckte, dass sie von da an nur noch Sachen zwischen ohre Zähne klemmte, die sich nicht wehrten.


    Es gab also für mich quasi keinen Handlungsbedarf, weil meine Hunde es mir leicht machten und in der Welpengruppe galten sie trotzdem als Streber.


    Weil das immer so perfekt funktionierte, der Entwicklung nicht ins Handwerk zu pfuschen, versuchte ich den Weg auch mit Chia zu gehen ... und stellte fest, dass ich mir mit Chia wohl den Hund ausgesucht hatte, der einen ganz anderen Weg einfordert und damit tatsächlich auch zufriedener ist, denn sie braucht Grenzen, weil die ihr Sicherheit geben und das wurde auch schon früh erkennbar. Ich habe mit ihr trotzdem einen kleinen Freigeist an meiner Seite, aber sie akzeptiert ihre Grenzen und das macht unser Zusammenleben viel entspannter.

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  • Ich bin da auch ganz bei Verbena. Man kann eben nichts pauschalisieren. Der eine Hund braucht mehr Grenzen als der andere. Ist ja auch bei Menschen so.

  • Und schon wieder so viel Ähnlichkeit zwischen unseren beiden Verbena . Vielleicht hab ich Tilli nicht jung genug hier gehabt, aber so viel Folgetrieb, dass sie ohne sich zu gefährden immer in meinem Dunstkreis geblieben wäre, hatte sie nie. Ich hab mich schon echt gefragt, ob ich da was falsch gemacht habe. Wir haben sie mit zwölf Wochen und ein paar Tagen abgeholt. Für Tilli war schon immer alles in Butter, solange sie uns noch sehen konnte. Und dabei kann Hund super forschen und erkunden. So unerschrocken wie die dabei ist, hätte sie so gut wie nichts zu uns zurückgetrieben. Also musste Rückruftraining her. Selbst jetzt hat sie von sich aus noch einen großen Radius, wenn man sie machen lässt. Aber unbeobachtet bin ich nicht, einfach verschwinden wäre unmöglich. Sie bleibt nur kleben, weil sie eine Aufgabe wünscht...sonst kann sie schon mal nerven.


    Unfug in jeder Form, waren schon von Tag eins bei uns voll ihr Ding. Sie war keine Minute schüchtern als sie das erste Mal bei uns in der Wohnung war. Sie wurde über die Schwelle getragen, auf den Boden gestellt und hat losgelegt mit Erkunden. Nun muss ich nach langen Autobahnfahrten ja immer wo hin...Tilli dicht auf den Fersen, Badezimmertür stand offen und sie sieht das Objekt der Begierde. Die Rolle Klopapier. Welpi zischt an mir vorbei, schnappt entschlossen die Rolle und reißt erst mal die ganze Halterung mit ab. Ich hatte kurz Zeit an Dinge wie "oh nein, Schreck fürs Leben" zu denken, als das Teil krachend runtergefallen ist. Dann ging es auch schon weiter. Baby Tilli greift entschlossen die Rolle und dreht die erste "Ich hab Beute und ihr nicht" Runde in den neuen Räumlichkeiten. Stolz wie Bolle und erhobenen Stimmungsbarometers. Der noch viele folgen sollten...mit Klopapier, Socken, Wäsche jeder Art, Notizblöcken...eigentlich allem dessen sie habhaft werden konnte.


    Ohne Rückruftraining und Schleppi hätte die sicher an irgendwas Schaden genommen.

  • Babsi, ich bin immer wieder verblüfft, wie ähnlich sich Tilli und Chia sind - insofern war ich unentschlossen, ob ich das Herzchen oder das Haha drücke, denn herlich gelacht habe ich auch, als mein Kopfkino bei Deiner wunderbar witzig erzählten Klorollen-Episode anlief, aber ich bin auch tief im Herzen bei Dir, weil ich wieder bei jedem Satz nickte.


    Es gibt Tage, da frage ich mich, warum ich eigentlich mitlaufe, wenn die Hunde spazieren gehen, weil ich mich so ein klein wenig als mühsames Anhängsel fühle, dass sie halt seufend mitschleppen. Verlieren würden sie mich nicht, denn da passen die Damen schon auf, dass ich mich nicht davonschleiche (ich habe ja die Bälle, die Kekse und die Beißwurst - wer die Objekte der Begierde hütet, genießt den Vorteil, nicht vollkommen unpopulär zu werden :D ), aber ich kann mich auch nicht wirklich erinnern, dass Chia je einen Folgetrieb hatte ... außer den, mir hinterher zu laufen, damit ich nicht ohne sie das Haus verlasse (oder ins Bad schleiche, ohne die "Thronhüterin" mitzunehmen).


    Bis ich Tillis Geschichten las, dachte ich, die Chaosfürstin wäre ziemlich einzigartig (das wird ja auch von vielen Leuten bestätigt, die meinen, dass sie noch niiiie einen Hund wie Chia kennen lernten - was kein Kompliment ist) und irgendwie bin ich sehr erleichtert, dass ich doch nicht die Einzige bin, die sich eine "Abrissbirne mit Sinn für besonderen Humor und fröhlichem Freigeist" aussuchte ... aber die sowohl Tilli, als auch Chia haben ja auch einen ganz besonderen Charme und hin und wieder geben sie uns ja auch Grund, stolze Hundemuttis zu sein ;)

  • Darum denke ich mir auch, dass die einen ziemlich schnell Erziehung einfordern und die anderen, die eher schüchternen, man die reifen lassen muss. Aber Stubenreinheit lernen die nicht von alleine Muriel und wenn man ein schönes Zuhause hat, dann möchte man auch seiner Wohnung auch keinen Zwinger machen. Also ich schon mal nicht. Bei meinen Welpen ging das auch ratzfatz, innerhalb von 2 Wochen (bis auf kleine Ausnahmen) wollten die raus in den Garten und zeigten das auch rechtzeitig an.


    Verbena, was ich unter allen Umständen vermieden habe, dass ich irgendwo in der Nähe eines Gersten- oder Maisfeldes mit Welpe oder Junghund gegangen bin. Zu groß war die Gefahr, dass wenn einmal darin entschwunden, die Suche sich katastrophal entwickelt hätte. Auch heute noch, hänge ich Sam an diesen Stellen lieber an, denn bei uns sitzen oft Füchse vor den besagten Feldern und verschwinden dann darin. Diesbezüglich habe ich eine sehr lebhafte Phantasie, was wäre, wenn Sam da hinterher fetzen würde. Nicht auszudenken.

  • Luna, ich hätte das nach dieser Erfahrung mit Chias Freigeist auch gern vermieden, würde es einen Weg geben, der nicht an einem Feld vorbei führt, aber wir wohnen im "Gülleland" und hier gibt es nur Wald und Feld und das liegt beides direkt vor unserem Hoftor.


    Da wo Lissystraße 5 steht, ist unser Hof - drtumrum nur Feld und Wald:



    Zumal ja bislang nie ein Hund auf die Idee kam, im Feld zu verschwinden, um dann nach Hause zu rennen. Meine Leos spielten auch gerne im Labyrinth der Halme, wobei Anka das eher blöd fand -, aber statt zu mir dann lieber nach Hause zu rennen, kam bis zu Chias "Homerun" noch nie vor.


    Wobei vielleicht der Vorteil unserer Wohnlage der ist, dass man gezwungen ist, solche Situationen zu üben, denn sonst führt man seinen Hund nur noch an der Leine. Chia hat ab und zu versucht, noch mal ins Feld abzuzwitschern, aber die Schleppleine leistete Überzeugungsarbeit und inzwischen kann ich sie abrufen, bevor sie ins Halmelabyrinth eintaucht.

  • Ein Träumchen, irgendwann will ich GENAU SO wohnen! Schönes Häuschen, mitten im „nirgendwo“, aber nicht zu weit weg vom nächsten Zentrum, das medizinische und alltägliche Versorgung bietet. Da kommt dann meine Kuhherde auf eine Weide und überall tollen Hunde herum :D


    (Anbei bemerkt: ist das Forum/der Thread hier für nicht registrierte User öffentlich einsehbar? Falls ja, würde ich wohl nicht meine exakte Wohnadresse hier rein stellen, man weiß nie, wer da am anderen Ende des Bildschirms auf dämliche Ideen kommt)

  • @Azemba Wir haben zwei Geschäfte im Nebenhaus direkt auf unserem Hof und wer unsere Adresse herausfinden will, der findet die problemlos und das hat, wenn man Kunden hat, die einen suchen, durchaus auch Vorteile. Wer wissen will, wo wir leben, muss lediglich Google Maps fragen ... da ist inzwischen sogar der Name unserer Firma vermerkt, wo zuvor nur der Straßenname stand. Anonym ist vermutlich kaum jemand in Zeiten von Siri und Alexa ... nur dass ich mir damit mehr Sorgen machen würde, denn durch die Spracherkennung (die ja inzwischen auch in Handys üblich ist und selbst wenn das Gerät aus ist, empfängt es Deine Stimme und hört Dich ab), kann ein Profil vom Nutzer erstellt werden, bei dem keine Fragen offen bleiben und das Herausfinden der Wohnadresse das geringste Problem darstellt.


    Insofern mache ich mir wenig Sorgen, dass irgendjemand mit meiner Adresse viel anfangen könnte (außer unsere Kunden, die uns hin und wieder mal spontan besuchen kommen, weil sie gerade in der Nähe waren). Der Hof ist gut gesichert und es ist immer jemand zuhause ... und selbst wenn wir nicht alle zuhause wären, haben wir sehr aufmerksame Nachbarn, die sogar schon rüber kamen, als mein Mann Kartons in seiner "Hobo"-Tonne auf der Terrasse verbrannte, weil es bei uns nach Rauch roch und unser Nachbar, der bei der freiwilligen Feuerwehr aktiv ist, überlegte, ob er zum Löschen kommen muss.


    Hier leben sehr wenige Menschen - aber genau darum kennt jeder jeden und alle passen aufeinander auf und ich hatte in den letzten 25 Jahren noch nie Angst, auch wenn die nächste "Zivilisation" 3 Kilometer von uns entfert liegt ... ohne Auto ist man hier also eher nicht besonders flexibel.


    Wir fühlen uns aber wohl und auch wenn wir bedingt durch die Pferde nicht in den Urlaub fahren und mehr oder minder dauernd auf unserem "Ponyhof"angebunden sind, genießen wir es, kein urbanes Treiben um uns herum zu haben und ein bisschen wie Einsiedler zu leben.


    Problematisch war wirklich nur, dass ich keine Möglichkeit gehabt hätte, mit Chia die hochgewachsenen Felder zu umgehen - außer ich wäre mit dem Auto in ein urbaneres Gebiet gefahren. Das vermeide ich aber noch lieber, als das Risiko, dass mein Hund ins Feld abzwitschern könnte, denn ich lege nicht allzuviel Wert darauf, Spaziergängern und sonstigen Waldbesuchern zu begegnen ;)