Was ist für euch Gewalt in der Hundeerziehung?

  • @Azemba

    Cool

    Wie hast du das angefangen und aufgebaut?

    Es war nach der Kastration, da hatte er bedingt durch den radikalen Abfall von Testosteron vor allem absolute Panik, insbesondere nachts und uns kam von weitem eine Frau im Dunkeln entgegen, da ist er schon durchgedreht, schrie, bellte, ballerte in alle Himmelsrichtungen in der Leine, war überhaupt nicht zu stoppen und meine einzige Möglichkeit, ihn zu beruhigen, war dann das bzw kam mir schlagartig in den Sinn, auch um ihn still zu halten, damit er nicht so in die Leine knallt. Also angelte ich ihn zu mir und umarmte ihn einfach ganz fest, kraulte ihn ordentlich und er beruhigte sich sofort, war ruhig bis die Frau vorbei war an uns. Dann hab ich das die darauf folgenden Tage häufiger versucht und war total verblüfft, wie gut das wirkt auf ihn.


    Durch Verbena und Luna wusste ich dann, was das für einen Namen hat und dass man das Bärenumarmung nennt.


    Aufgebaut habe ich da also gar nichts - ich hab’s einfach gemacht. Läuft völlig ohne Futter/Spielzeug etc, das nehme ich nie/extrem selten mit raus. Das einzige was ich mache, ist ihn gelegentlich ruhig(!) verbal zu loben, während ich ihn da kraule.


    Mittlerweile, wenn ich mich dann wieder aufrichte und hinter ihm stehe, dann klackere ich kurz mit der Zunge, dann guckt er so mit hochgestrecktem Kopf nach hinten zu mir (das sieht so drollig aus! Er dreht dann nicht den Kopf, sondern streckt ihn nach oben und guckt so dann nach hinten) und mit „weiter!“ darf er dann wieder losdüsen und ist völlig happy. :)


    Er ist eh so eine extrem anhängliche, verschmuste Kuschelbacke - was man als gar nicht meint, wenn er durch Übersprungshandlungen getrieben dann in meiner Jacke festhängt. 🙃 Hunde, die Körperkontakt extrem blöd finden, bei denen würde ich das wohl gar nicht anwenden, da das dann nicht beruhigt, sondern ggf. zusätzlich stresst und/oder Panik verursacht.


    Es ist sicherlich auch hier wieder abhängig von den Vorlieben des Hundes, Axel möcht während Stress oder starker Emotion nicht gern gestreichelt werden.


    Streicheln ist wieder etwas ganz anderes, das klassische streicheln mach ich beim Brummi (bzw bei allen Hunden) auch eigentlich gar nicht. Ich kraule denen immer die Brust, Rücken, Kopf etc fasse ich kaum an, denn fast kein Hund mag das und erduldet das nur. Aber Brust kraulen und am Hals krabbeln finden sie eigentlich alle toll.


    Brummi fände es dementsprechend auch echt uncool, wenn ich jetzt anfange, ihm in solchen Momenten den Kopf zu tätscheln oder den Kopf zu streicheln - was nicht heißt, dass ich ihn da nicht anfassen und zb behandeln kann, aber er findet „streicheln“ einfach doof dort (wie irgendwie jeder Hund, der mir bekannt ist) und es beruhigend ihn überhaupt nicht.


    Aber er wirft sich auch immer auf den Rücken, damit man ihm die Brust krault und liegt dann auch so lange da, bis man das (lange genug) tut und beschwert sich lautstark-auffordernd, wenn man ihn ignoriert:




    Aber der Favorit ist halt an Brust und Hals gekrault zu werden:

    Einmal editiert, zuletzt von FlatSnow1639 ()

  • das was azemba da mit ihrem brummi macht - geht in die richtung t-touch körperbandagen beim hund

    soweit ich weiss gibt es dazu auch ganze anzüge/westen für den hund die eben nach dem gleichen prinzip funktionieren


    ich hab das mit dem dalmi auch oft gemacht und hab ebenso gute erfahrung wie azemba mit der umarmung

    aber nicht jeder hund kommt damit gut zurecht

  • bei uns hat sich allerdings die bärenumarmung auf dauer nicht bewährt. Anfangs war es echt gut, aber dann hat sam mich mal in der hocke umgenietet und das war es dann auch für mich. Liegt vermutlich auch am alter und gewicht und wie stark sie sich fühlen nach der pubertät (sam 38-40 kg, 67 cm und fast 3 jahre).


    Aber in dem alter von brummi, mit dem gewicht, ist das eine feine sache.

  • bei uns hat sich allerdings die bärenumarmung auf dauer nicht bewährt. Anfangs war es echt gut, aber dann hat sam mich mal in der hocke umgenietet und das war es dann auch für mich. Liegt vermutlich auch am alter und gewicht und wie stark sie sich fühlen nach der pubertät (sam 38-40 kg, 67 cm und fast 3 jahre).


    Aber in dem alter von brummi, mit dem gewicht, ist das eine feine sache.

    Brummi wiegt bald 36kg, ist 69cm groß (heute gemessen/gewogen) und meint das, was er vor hat, leider verdammt ernst, was mir auch die Trainerin in mehreren Einzeltrainings bestätigt hatte. Was daran eine „feine(re) Sache“ ist, weiß ich nicht genau.


    Dass er weniger Kraft hat als ich, ist dem geschuldet, dass ich die besseren Reflexe habe und schon seit jeher Sport mache.


    Ich war ewig lange zum Teil wirklich stark verletzt, wenn ihr euch erinnert - mir sind die Hände aufgerissen durch den ständigen Reibungsdruck der Leine, ich hatte verstauchte Finger und Handgelenke, was über mehrere Wochen/Monate nicht geheilt ist, ich hatte starke Muskelverletzungen durch abrupte Zerrungen, wodurch ich mehrere Tage am Stück nicht mehr mit ihm Gassi konnte, weil er in die Leine geknallt ist, ich blutete ständig irgendwo und grün und blau war ich sowieso am ganzen Körper. Umgenietet hatte er mich nie, aber er hat mir einmal die Leine aus der Hand gerissen und auch die Haut der Hand aufgerissen und verbrannt, als er mal durchgestartet ist und mir die Leine dabei durch die Hand rutschte.


    Ist das auch Gewalt in der Hundeerziehung, wenn der Hund einen körperlich malträtiert? :D


    Und trotzdem eignet sich das mit der Bärenumarmung durchaus für ihn bzw solche Hunde, denn all das ist Geschichte und darüber bin ich sehr froh. Ich mache das aber auch sehr konsequent, egal was uns entgegen kommt. Denn selbst wenn es nicht sein müsste: das überträgt sich genau auf die Situationen, wo es definitiv sein muss und so fällt es ihm in schwereren Situationen deutlich leichter.


    Das Verhalten zeigte er ja schon mit 4 Monaten, wog damals aber noch gute 20kg weniger und war 20cm kleiner - auch wenn er damals noch eine andere Motivation hatte. 🙃

  • @Azemba gibt's die Trainerin die du da vor deiner Pause hier hattest eigentlich noch?

    Jepp, klaro! Mit der mache ich auch weiter und wir haben ziemlich viel Kontakt. Ohne die wäre ich echt arm dran - oder Arm ab, wenn er weiterhin noch so in die Leine ballern würde wie damals…

  • Das klingt gut. Ich habe gefragt, weil es ja mal eine Zeit gab, wo sie immer absagen musste. Aber in demfall waren das wirklich nur unglückliche Zufälle. :thumbup:

    Ja das war echt blöd - dafür bin ich im Moment die, die nicht kann bzw wegen Corona nicht mag. 😄 Anfang April machen wir dann weiter bzw. beginnen mit den Social Walks, damit er die Existenz anderer Hunde ignorieren lernt und versteht, dass rumstänkern nichts bringt - denn wenn er bellt, gehen die anderen Hunde ja immer weg und somit hat er „gewonnen“, weswegen ich das Verhalten auch gar nicht wirklich aus ihm raus bekomme. Für uns bleibt im Feld keiner stehen und spielt den Trainingspartner, die sind froh, wenn sie ganz schnell wieder aus unserer „Schusslinie“ sind. 🙃

  • Ich würde für euch stehenbleiben, meine Dora und in gewissem Maß auch die junge Hera läßt so ein "Ballermann" wie Dein Aslan relativ unbeeindruckt.

    Müßt halt mal einen Sonntagsausflug mit dem neuen Auto dann machen.

  • Ich schwanke momentan auch noch zwischen der "Bärenumarmung" und dem Blockieren. Im Grunde wr die Bärenumarmung aber tatsächlich erfolgreicher, denn beim Blockieren habe ich manchmal das Gefühl, dass Chia eher hochfährt, während sie sich bei der Bärenumarmung beruhigt.


    Ich hatte ja nun auch mal Hilfe von meiner Nachbarin, die mit ihrem Sammy an uns vorbeimarschierte, bis Chia sich beruhigt hatte und damit zumindest für sie nicht das Erfolgserlebnis verknüpft wurde: "Den habe ich erfolgreich verjagt, weil ich ihm gezeigt habe, dass ich hier die Lautere bin!"


    Nach drölfig Büchern, die ich über Leinenpöbeln, Markertraining, positiver Bestärkung und Stressabbau beim Hund las, bin ich mir nur nicht mehr so sicher, ob das wirklich sinnvoll war, Chia mit Sammy über ihre Reizschwelle gehen zu lassen, denn die letzte Hundebegegnung schien zuerst friedlich zu verlaufen, als uns der freilaufende Hund um die Ecke entgegen kam (ich wollte gerade Chia auch losmachen, weil sie entspannt blieb) und hinter ihm sein joggendes Herrchen auftauchte. Als Beide dann quasi auf Tuchfühlung an uns vorbeirannten, war es mal wieder um Chias Fassung geschehen und sie pöbelte sogar mit Drall nach vorne. Die letzten Male blieb sie sitzen und bellte nur.


    Es scheint also, als ob gewisse Situationen uns immer wieder in unseren Fortschritten blockieren oder uns sogar zurückwerfen und ich neige langsam wirklich dazu, Hundebegegnungen aus dem Weg zu gehen, bis ich Chia zuverlässig runterfahren kann, bevor sie pöbelt.


    Das Seltsame ist ja, dass sie auf dem Hundeplatz nie pöbelte. Sie bellte, wenn sie aus dem Auto kam und sie bellte auch auf dem Platz. Aber das war nie gegen die anderen Leute und Hunde gerichtet, sondern eher ein rauslassen der überschüssigen Energie. Wenn das Training dann begann, konnten die anderen Hunde ihr auch auf den Pelz rücken - das war ihr egal. Freifolge im Slalom um die anderen Teams? Kein Problem! Einer rennt und sie musste an der leine neben mir sitzen und warten? Kein Problem. Aber im Wald muss jede Hundebegegnung kommentiert werden.


    Darum habe ich manchmal das Gefühl, dass das Pöbeln eventuell territorial motiviert sein könnte. Sie würde ja auch am Hoftor pöbeln, wenn jemand vorbeiläuft, würde ich das nicht immer sofort unterbinden ... nur hört sie da auch sofort und kommt dann sofort zu mir, während sie im Wald halt Randale macht, bis der andere Hund an ihr vorbei ist. Sie würde da auch nicht hinterhergehen, aber sie rennt auch ohne Leine bellend auf andere Hunde zu, ist dann aber sofort ruhig, wenn sie bei dem Kumpel angekommen ist und verkliert dann auch rasch das Interesse daran.


    Ich würde manchmal gerne hinter die Stirn dieses Hundes schauen können, um zu verstehen, warum sie reagiert, wie sie reagiert.


    Aber die Bärenumarmung bringt definitiv Ruhe in sie. Sie wird auch von André Vogt angewendet und nennt sich dann "Sicherheitsgriff" und bei Linda Tellington Jones ist es glaube ich der TTouch "Wolken Leopard", der auch geführt funktioniert, wenn man die "Balance-Leine" vor der Brust durchführt und sie da locker pendeln lässt, sodass sie den hund immer wieder berührt.


    Ich möchte natürlich auch nicht zu viel auf einmal probieren, aber die Möglichkeit zu finden, die Chia zuverlässig runterfährt, ist trotzdem mein Bestreben.

  • Es scheint also, als ob gewisse Situationen uns immer wieder in unseren Fortschritten blockieren oder uns sogar zurückwerfen und ich neige langsam wirklich dazu, Hundebegegnungen aus dem Weg zu gehen, bis ich Chia zuverlässig runterfahren kann, bevor sie pöbelt.

    ....

    Ich möchte natürlich auch nicht zu viel auf einmal probieren, aber die Möglichkeit zu finden, die Chia zuverlässig runterfährt, ist trotzdem mein Bestreben.


    Ich würde eher gezielt Hundebegegnungen suchen. Und zwar mit möglichst vielen verschiedenen Hunden an möglichst verschiedenen Orten. Ganz einfach um eine Gewöhnung herbei zu führen. Der Hund kann nichts lernen, wenn die entsprechenden Reize vermieden werden.

    Ich war mit dem Sack dazu früher ganz gezielt in beliebten Gassigebieten unterwegs.