Mythen in der Hundeerziehung/bei der Ausbildung von Hunden

  • Angeregt durch den Beitrag von Palinka und der Aussage ihrer Trainerin das Agi und SD sich ausschliessen, eröffne ich diesen Faden, denn sowas begegnet einem ja immer wieder. Hundetrainer oder Menschen ala "ich hab schon 30 Jahre lang Hunde mir braucht keiner was erzählen" einem irgendwas erzählen, was eben genau auch schon seit 30 Jahren falsch ist.

    Manche Dinge die für den einen Hund gelten, funktionieren beim anderen nicht, auch wenn es einige gibt die steif und fest behaupten "ach das funktioniert bei allen". Klar gibt es unterschiedliche Arten etwas anzugehen und sind jeweils auch für das Hund/Mensch Team anzupassen.


    Ich würde hier in dem Faden aber gern die Mythen die sich hartnäckig halten und die wie ich finde als grundsätzliche Pauschalaussage falsch sind austauschen. (Besonders für Hundeanfänger ist das ja auch immer hilfreich)

    Ich würde mir wünschen, dass jeweils zu einer Aussage die Eurer Meinung nach "totaler Quatsch" ist auch eine Begründung dazu geschrieben wird, damit man gerade bei Aussagen für die man eben unterschiedliche Bewertungen vornehmen könnte eben auch sachlich dagegen (oder eben vll. auch dafür) argumentiert und sich so eine eigene Meinung dazu bilden kann.


    Also ich fang mal an:

    Mythos: "Ein Hund der rohes Fleisch bekommt, der wird zum Beisser!"

    Hab ich damals bei Dustin zu hören bekommen, als ich ihn auf Rohfütterung umgestellt habe.

    Mh, ich esse auch ab und an rohes Fleisch, hab aber noch keinen gebissen :D

    Es mag ja einen Zusammenhang geben, zwischen bestimmten Nährstoffen und bestimmten Auswirkungen auf den Körper und vll. auch das Verhalten eines Lebewesens, aber das er deswegen einer aggressiver Beißer wird ist Blödsinn.
    Zitat:

    „So fördern größere Mengen qualitativ minderwertiger Eiweiße die Neigung zu gesteigerter Aggressivität bzw. zu ausgeprägter Territorialverteidigung. In diesem Zusammenhang kommt dem Ammoniak und den Aminosäuren Tyrosin und Tryptophan besondere Bedeutung zu, da sie die Bildung von Metaboliten beeinflussen, die für das Verhalten von Hunden bedeutsam sind.“ Meyer/Zentek (2010): Ernährung des Hundes

    -> hier geklaut: https://www.der-barf-blog.de/2011/06/barf-mythos-5-fleisch-macht-hunde-aggressiv.html


    Würde also ehern dafür sprechen das Trofu Hunde ehern aggressiv sind :D


    Ich vermute der Urprung dieses Mythos geht einher mit der Verbreitung des Hundes als Familienkuscheltier, bei dem man sich nicht vorstellen mochte, dass der ein Reh zerfleischt und danach noch lieb mit den Kindern kuschelt :/ und vll. auch so ein bischen aus der Richtung, dass es eben Beißvorfälle gab und quasi eine Erklärung dafür her musste.

    Andererseits, kam eine Verbreitung so eines Gerüchtes der Futtermittelindustrie ja sehr gelegen :/

    Fertigfutter für Hunde gibt es seit ca. 140 Jahren. Ich wette obiger Mythos war Anfang 18. Jahrhundert noch nicht bekannt :)

    Ich könnte mir auch als Grund vorstellen, dass die Entfernung des Menschen zur Herstellung seiner eigenen Lebensmittel einen Teil zu diesem Gerücht beigetragen hat. Aber stimmen tut es trotzdem nicht :)


    Was kennt Ihr so für Mythen in Bezug auf Hunde?

  • ja das mit der Rohfütterung ist uns auch schon begegnet.

    Ist ja okay und richtig, dass es nicht für jeden Hund das Beste ist, aber gut durchdacht und informiert eine sehr gute Art seinen Hund zu ernähren.

    Ich bin auch persönlich bei meiner Ernährung weit entfernt vom industriellen Fertigprodukt.

    Aber tatsächlich habe ich noch keinen roh ernährten Hund in meinem Leben getroffen, der deswegen zum Beißer wurde;-)

    Also ich führe mal Lebenserfahrung und die eigenen Hunde noch als Argument mit auf :thumbup:

  • Für viele Ammenmärchen gibt es einen Grund weswegen sie entstanden sind. In Bezug darauf dass "rohes Fleisch Hunde böse macht" können Erfahrungen von Hundehaltern eine Rolle spielen, deren Hunde Fehlfunktionen der Schilddrüse hatten. Ausgelöst bzw. verstärkt werden kann ein solches Problem u.a. durch die Ernährung. Wird kostengünstiges Stichfleisch/Halsfleisch verfüttert oder auch Kehlköpfe und Luftröhre, dann kann dass bei betroffenen Hunden innerhalb ganz kurzer Zeit zu einer gesteigerten Aggressivität führen weil in dem Körpergewebe rund um die Schilddrüse immer ein gewisser Anteil an Schilddrüsenhormonen enthalten ist. Auch kann der Metzger Reste der Schilddrüse (oder diese ganz) am Fleisch belassen haben.


    Das ist auch heute manchmal in gewolften BARF-Mischungen ein Problem. Man weiß ja nicht was dort alles drin ist bzw. wie sauber die Schilddrüsenreste entfernt werden. Es werden auch heute manchmal Fälle geschildert in denen Hunde sich kurze Zeit nach dem Verfüttern von frischen Schlachtabfällen, sog. BARF-Mischfleisch oder getrockneten Kehlköpfen oder Luftröhren plötzlich gesteigert aggressiv den anderen Hunden im Haushalt oder auch Menschen gegenüber zeigen. Und dann anschließend eine Schilddrüsenfehlfunktion diagnostiziert wird.

  • Ein weiterer Mythos.

    "Hunde brauchen ein Haus mit großem Garten".

    Auf jeden Fall halte ich es für einen Mythos.

    Unsere Hunde sind doch Rudeltiere und versuchen immer bei ihrem Rudel zu sein. Und akzeptieren auch "ihr" Revier. Egal wie groß. Hunde rennen auch nicht 14 Stunden am Tag durch den großen Garten... da wird genauso geschlafen wie in einem kleinen Garten oder Wohnung.

    Es birgt mMn eher die Gefahr, dass der Hund, weil er ja schon im großen Garten war, eben nicht mehr Gassi gehen darf.


    Klar ist es schön wenn ein großer Garten da ist, macht vieles einfacher (mit oben erwähnter Gefahr) aber eben keine Grundvoraussetzung.

  • Mythos: "Ein Hund der rohes Fleisch bekommt, der wird zum Beisser!"

    komisch, schon als ich deine Einleitung gelesen habe war mein erster Gedanke an diesen Satz, hab ihn von einer älteren Frau hier im Dorf auch öfters gehört, ist allerdings auch schon viele Jahre her.

    Hört man von diesen Mythos immer noch?

  • Eine Hündin sollte mindestens einmal Welpen bekommen haben.

    ein Ammenmärchen ?

    Diese Diskussion finde ich sehr spannend, weil ich mich immer schon fragte ob, bzw. was da dran ist. Dass Hündinnen in beiden Fällen (also mal Welpen haben, oder eben nie Welpen haben) ein langes und gesundes Leben haben können ist ja bekannt. Aber welche vor- & Nachteile ergeben sich daraus und welche Seite überwiegt? :/

  • Ein weiterer Mythos.

    "Hunde brauchen ein Haus mit großem Garten".

    Ich würde es vielleicht, mal abgesehen von Individuum Hund, anders ausdrücken: Für bestimmte Rassen ist ein Garten schon wichtiger als für andere Rassen. Die meisten HSH hätten schon gern einen (großen) Garten. Allerdings weniger zum rumtoben als zum bewachen. ;)


    Eine Hündin sollte mindestens einmal Welpen bekommen haben.

    ein Ammenmärchen ?

    Diese Diskussion finde ich sehr spannend, weil ich mich immer schon fragte ob, bzw. was da dran ist. Dass Hündinnen in beiden Fällen (also mal Welpen haben, oder eben nie Welpen haben) ein langes und gesundes Leben haben können ist ja bekannt. Aber welche vor- & Nachteile ergeben sich daraus und welche Seite überwiegt? :/

    Vielleicht um erwachsen(er) zu werden? Zumindest meine Hündinnen wurden mit jeder Läufigkeit ernsthafter/erwachsener. Von daher könnte ich mir schon vorstellen das eine Mutterschaft da noch einmal einen zusätzlichen Entwicklungsschub geben könnte.

  • HSH Das sagt eine Züchterfreundin auch. Sie meint, nach dem ersten Wurf wurde ihre Hündin ernsthafter und dominanter. Aber man sieht ja auch, dass sehr viele Hündinnen auch ohne Wurf einfach mit den Läufigkeiten wunderbar erwachsen werden. Und wenn man nicht grade Beißsportarten macht, braucht man ja auch nicht unbedingt eine Hündin die super ernsthaft und "dominant" ist... ^^

  • Und wenn man nicht grade Beißsportarten macht, braucht man ja auch nicht unbedingt eine Hündin die super ernsthaft und "dominant" ist...

    Mir wären mehr ernsthafte Hunde/Hündinnen aber lieber als die (zu) vielen "Spielkinder", auf die man meist so trifft. Ernsthaftigkeit ist ja nicht unbedingt gleichbedeutend mit beißen.

  • Und wenn man nicht grade Beißsportarten macht, braucht man ja auch nicht unbedingt eine Hündin die super ernsthaft und "dominant" ist... ^^

    Diese "Ammenmärchen" stammen allesamt aus einer Zeit in der Hunde nicht zu "Freizeitzwecken" gehalten wurden, sondern i.a.R. eine Aufgabe zuverlässig zu erfüllen hatten. In den allermeisten Fällen gehörte dazu auch der Schutz von Hab und Gut und teilweise auch Leib und Leben ihrer Eigentümer. Und für diese Aufgabe war ein "ernsthafter" Hund erheblich wichtiger als heute im Sport. Bei Letzterem geht es einzig und allein um eine Freizeitbeschäftigung, von der nicht der Lebensunterhalt, der Besitz und die Gesundheit bzw. das Leben der Hundehalter abhängen. Im Gegensatz zu der Aufgabe, die Hunde früher zu erfüllen hatten.

  • Eine Hündin sollte mindestens einmal Welpen bekommen haben.

    ein Ammenmärchen ?

    Auch dieses "Ammenmärchen" besitzt einen wahren Kern. Man weiß inzwischen dass Stillen das Risiko an Mamatumoren zu erkranken signifikant senkt. Zudem gibt es Rassen, in denen schon seit langem die Genetik, die mit dem Auftreten von Mamatumoren in engem Zusammenhang steht, stärker verbreitet ist.


    In diesem Zusammenhang dürfte es früher häufig (zumindest bei manchen Rassen/Mischlingen) auffällig gewesen sein, dass Hündinnen, die zumindest einmal Welpen gesäugt haben, seltener an Mamatumoren erkranken als solche, die nie Welpen gesäugt haben. Auch scheinen sich das Durchleben einer Schwangerschaft/Trächtigkeit und/oder Geburt mit all ihren hormonellen Einflüssen auf den Organismus durchaus positiv auf den Organismus einer Hündin auszuwirken. Wie genau hat die Wissenschaft noch nicht entschlüsseln können, aber es sind Tendenzen erkennbar.


    Es ist somit durchaus möglich dass in Personenkreisen, die früher auf die körperliche Arbeitsleistung ihrer Hunde angewiesen waren (Schäfer z.B.) die Erfahrung gemacht wurde dass Hündinnen, die keinen Wurf aufgezogen haben, häufiger früher aus dem Dienst ausscheiden mussten (wegen Erkrankungen wie z.B. Mamatumoren, oder auch weil sie früher körperlich nicht mehr so fit waren) als Hündinnen, die mal einen Wurf aufgezogen haben. Zudem sind solche Erfahrungen immer subjektiv... Pudel z.B. sind genetisch überproportional häufig von Mamatumoren betroffen, ebenso z.B. Boxer, Dackel und Spaniel. Personen, die früher selbst mehrere Pudel-/Boxer-/Dackel-/Spanielhündinnen gehalten haben, oder deren familiäres/befreundetes Umfeld, dürften entsprechende Zusammenhänge durchaus erkannt und weitergegeben haben. Und i.a.R. wurde in solchen Fällen bestimmt nicht weitergegeben "Die PUDELhündin (oder Boxer-/Dackel-/Spanielhündin) von Sowieso, die nie Welpen hatte, hat schlimmen Milchleistenkrebs bekommen", sondern "Die Hündin von Sowieso, die nie Welpen hatte, hat schlimmen Milchleistenkrebs bekommen". Und hat dann nicht nur eine entsprechende Angst bei Hündinnenhaltern betroffener Rassen erzeugt, sondern bei denen von allen Rassen. Wobei früher ja auch nicht so viele verschiedene Rassen gehalten wurden wie heute. Und die genetisch häufig mit dem Auftreten von Milchleistenkrebs in Zusammenhang stehenden Rassen einen großen Teil an der Gesamtpopulation ausgemacht haben dürften.


    Hier mal ein Link (handelt sich um Frauen, kann aber 1:1 auf Hündinnen umgelegt werden...


    Stillen: Wenn möglich stillen

  • Stillen: Wenn möglich stillen

    Das ist ein Sache, die mir persönlich sehr am Herzen liegt. Aber das sprengt hier den Rahmen. Ich bin jedenfalls absolute Befürworterin vom Stillen, und zwar auch über das erste Lebensjahr des Kindes hinaus.


    So, nun aber noch zu einem Mythos oder auch nicht:


    Welpen zerkauen Schuhe etc. das ist eben so....



    Meiner Meinung nach ist das Quatsch. Harras hat nur einmal etwas zerkaut/zerstörrt. Das war sein Kissen, als er wegen meines Fußbruchs in einer Hundepension war. Und da war das eindeutig Langeweile. Als Welpe hat nie etwas aus unserem Haushalt angenagt oder zerstört, keine Schuhe, keine Möbel und auch nicht sein Spielzeug. Es gab Hölzer, Stöcke oder Kauartikel. Und das schien zu reichen.