Was ist für euch Gewalt in der Hundeerziehung?

  • Weil ja hier gern begriffliche Augenwischerei betrieben wird hinsichtlich "Gewalt in/bei der Hundeerziehung": Was versteht ihr denn so unter Gewalt? Und damit meine ich nicht nur Formen der körperlichen Gewalt, sondern auch psychische Gewalt. Damit man mal auf einen, mehr oder weniger, einheitlichen, Nenner kommt.

  • Die einen sehen schon in einem Kettenhalsband eine Form von Gewalt und die anderen halten das für absolut normal für einen großen Hund bzw. DSH. Ich kann aber auch aus einem Lederhalsband ein Gewaltmittel machen, wenn ich meinen Hund damit herumzerre. Auch der Brustring eines Brustgeschirrs ist eine Form von Gewalt, dass der Hund hier bleibt. Auch eine Leine gehört hier dazu.


    Ich bin der Meinung, dass man in der Hundeerziehung keine Gewalt benötigt, jedoch eine sehr konsequente Art haben muss, Hunde erziehen zu können.

  • körperliche Gewalt, bzw Korrekturen durch Schmerzen.

    Psychische Gewalt, beispielsweise durch gezielte Isolation.

    Um mal Dinge zu nennen.

  • Im Grunde bedeutet das Anwenden von Gewalt alles, was dem Hund das Vertrauen zu seinem Menschen nimmt.


    Die Leine beispielsweise pendelt zwischen mit und meinem Hund in der Regel locker und wirkt nicht korrigierend ein - wobei das ganz sicher noch eine lässliche Form von "Gewalt" wäre. Aber mein Hund soll sich gerne anleinen lassen. Bei Chia habe ich manchmal das Gefühl, dass sie froh ist, wenn ich die Leine am Geschirr befestige, denn das scheint ihr Sicherheit zu geben. Trotzdem wird das Anleinen immer belohnt.


    Ich habe fürs Training im Verein auch ein Kettenhalsband, weil das dort gerne gesehen wird. So lange die Leine aber locker pendelt, hat auch das Kettenhalsband keine korrigierende Wirkung. Zieht mein Hund nach vorne, verwende ich das Markerwort "Hey!". Reagiert der Hund nicht, begrenze ich körpersprachlich und blockiere den Weg nach vorn. Schaut mich der Hund an und reagiert, erfolgt das Markerwort "Fein!"


    Es gibt sicher viele Formen von "lässlicher Gewalt", wenn man beispielsweise den Schnauzengriff als Gewalt definiert.


    Und auch ich habe schon in einer ersten Wut und im Affekt körperlich gestraft und meinen Hunden den Kurzführer auf den Hintern gehauen, weil sie ein Reh stellten. Das ist definitiv Gewalt, die man so nicht einsetzen sollte, aber in dem Moment sah ich nur die Not des Rehleins, das nicht wissen konnte, dass die Hoheiten ihm nichts tun, sondern es hüteten. Also reagierte ich über das Maß. Dafür schämte ich mich auch.


    Ich bin aber nach wie vor überzeugt, dass der Weg der Konsequenz, der positiven Bestärkung und der klaren Körpersprache schlussendlich zu einem freudvolleren Gehorsam führen, als das Einsetzen von körperlicher Korrektur in jedweder Form.


    Dem Hund Sicherheit zu geben, ist aus meiner Sicht sinnvoller, als sein Vertrauen zu brechen.


    Ein körpersprachliches Begrenzen mag als Sanktion gelten, aber dem Hund gibt es die Sicherheit, dass er sich auf mich verlassen kann, weil er versteht, was ich von ihm möchte. Reagiert er entsprechend, wird gemarkert und belohnt.


    Es wird also sein erwünschtes Verhalten bestärkt und nicht das Unerwünschte bestraft.

  • Also für mich ist Gewalt Alles, was deutlich über das Maß hinausgeht das nötig ist um seinen Hund in seiner jeweiligen Trieblage zu erreichen. Kurz gesagt, so sanft wie möglich, aber so hart wie nötig. Und das unabhängig vom dazu verwendeten Hilfsmittel.

    Ein körpersprachliches Begrenzen mag als Sanktion gelten, aber dem Hund gibt es die Sicherheit, dass er sich auf mich verlassen kann, weil er versteht, was ich von ihm möchte. Reagiert er entsprechend, wird gemarkert und belohnt.

    Der Hund "versteht" aber nicht im Sinne von begreifen, er weicht lediglich der Sanktion aus und zeigt ein Alternativverhalten. Und auch die Sicherheit, sich auf seinen HF verlassen zu können, kommt nicht aus der Sanktion heraus, sondern (bestenfalls) aus der Belohnung des Alternativverhaltens.

    Dem Hund Sicherheit zu geben, ist aus meiner Sicht sinnvoller, als sein Vertrauen zu brechen.

    Da stimme ich zu. Aber das hat ja primär erst einmal nichts mit der Definition von Gewalt zu tun, oder? Vertrauen und Sicherheit erzeuge ich allerdings vor allem durch Berechenbarkeit und Fairnes dem Hund gegenüber und nicht durch "schönfüttern".

    Ich bin aber nach wie vor überzeugt, dass der Weg der Konsequenz, der positiven Bestärkung und der klaren Körpersprache schlussendlich zu einem freudvolleren Gehorsam führen, als das Einsetzen von körperlicher Korrektur in jedweder Form.

    Und wieder wird nur von "körperlicher Korrektur" als Form von Gewalt gesprochen. Aber ich kann genau so gut mit der "klaren Körpersprache" Gewalt auf den Hund ausüben. Und genau genommen tut man das bei jedweder Form der Korrektur unerwünschten Verhaltens ja auch.

  • mit man mal auf einen, mehr oder weniger, einheitlichen, Nenner kommt.

    auf einen einheitlichen Nenner werden wir da wahrscheinlich kaum kommen, Stachelhalsband und Teletakt sind für mich ganz klar Formen körperlicher Gewalt.

    , Schläge natürlich auch, ein Klaps hinter die Ohren oder leichtes Schütteln im Nacken ist für mich akzeptabel.

    Der Versuch dem Hund das Fußlaufen mit einem sog. Halti beizubringen halte ich auch für nicht vertretbare Gewalt.

    Den Hund in die 10m lange Schleppleine brettern lassen ist höchst grenzwertig, jegliche Form des "Rempelns" ,wie auch unter Hunden üblich , z.B.: das körperliche zurückschieben mit meinem Unterschenkel, wohlgemerkt Schieben, nicht treten ist für mich o.K.

    Fußtritte natürlich nicht. Den Hund am Schwanz ziehen ist grobste Gewalt.

    Aber seien wir vorsichtig mit Generalmeinungen, es gibt genausoviel unterschiedliche Hundeseelen und Mentalitäten wie dies bei uns Menschen der Fall ist,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.Wenn ein "harter Hund" ein Schütteln im Nacken zur Korrektur eines Fehlverhaltens hinnimmt und es sogar etwas nützt kann die gleiche "Gewalt"anwendung bei einem Sensibelchen das Vertrauen zum HF gewaltig stören.

  • HSH Hunde sind nicht dumm. Sie haben ein anderes Bewusstsein als wir Menschen. Aber sie begreifen durchaus und weichen nicht der Sanktion aus - sonst gäbe es kein Lernen durch positive Bestärkung.


    Und Schafring Dassanfte Zurückschieben - egal, ob mit der Hand oder mit dem Bein sehe ich auch nicht als Gewalt an.

  • bißchen Flexibilität habe ich da schon, wenn Loki einen anderen Hund wirklich angreifen würde auch mit ernster Absicht, würde ich entsprechend hart körperlich agieren.

    Es kann also durchaus Gründe für körperliche Gewalt geben, aber ich will sowas nicht einsetzen und schon gar nicht zur Erziehung

  • Ich finde bis auf wenige Ausnahmen kann man das so pauschal garnicht sagen. Für mich ist Gewalt alles was unter Berücksichtigung der Situation und des betroffenen Hundeindividuums unverhältnismäßig ist/wäre, physisch wie psychisch.


    Ein Leinenruck an der Kette in exakt derselben Intensität z.b. kann meiner Ansicht nach bei Hund A Gewalt darstellen, und bei Hund B aber nicht, sondern ein legitimes Mittel sein um beispielsweise Verhaltensketten zu unterbrechen.


    Klar, über Stromschläge auf Stufe drölfzig, heftige Fußtritte, Nahrungsentzug usw. muss man nicht verhandeln, das ist immer Gewalt.
    Aber grade so Sachen wie Leinenrucken, Spannung auf der Leine halten, in die Rippen piksen, schubsen, schieben, am Nacken packen, am Fell zuppeln, bedrängen, anschreien, usw. beurteile ich immer im Bezug auf den Hund den es betrifft.

  • naja nur weil Hund A die Backpfeife verträgt ist und bleibt es dennoch Gewalt.

    Ganz so einfach ist es dann nicht.

    Leinenruck hier angesprochen klar kann ich gewalttätig ausführen oder aber korrigierend ohne Schmerzen zuzuführen. Gewalt bleibt es aber tendenziell. Wenn ich ein Kind was bei Rot über die Ampel rennen will festhalte und zurückreiße ist es auch Gewalt. Nichts desto trotz würde das jeder tun.

    Wie vielschichtig Gewalt sein kann, merkt man in der Pflege sehr gut. Das geht von Verwahrlosung bis zur Körperverletzung.

  • Holger, ich gebe Dir Recht: Bevor ich Kind oder Hund auf die Straße rennen lasse und riskiere, dass es zu einem Unfall kommt, ist mir die Anwendung von "Gewalt" schon lieber.


    Und ich schrieb es ja schon: "Vermutlich kann sich keiner ganz davon freisprechen, seinem Kind oder seinem Hund schon mal einen Klaps gegeben zu haben, wenn einfach gar keine Zeit war, vorher lange darüber nachzudenken, ob es ein probateres, gewaltfreies Mittel geben würde.


    Bin ich also in einer Situation, die sofortiges Handeln erfordert, werfe ich vermutlich auch nicht mit Wattebäuschchen (oder ist das auch Gewalt ?8o ), sondern wirke deutlich ein, um Schlimmeres zu verhindern.


    Ich denke aber, dass ich keine Trainingsmethode umsetzen würde, bei der Grobheiten dazu gehören und meinen Hund verunsichern.


    Natürlich gibt es die Hunde, die auch mal eine körperliche Korrektur verzeihen und locker wegstecken, ohne dass sie dadurch das Vertrauen zum Menschen verlieren.


    Aber ich hatte mit Chia ja das Problem, dass sie gerne mal zur Jagd blies und ich sie dafür dann auch mal am Nackenfell schüttelte, wenn sie wieder zurück kam.


    Irgendwann fiel mir auf, dass mein Hund zwar nach wie vor zu mir zurückkam, aber tatsächlich auf mich zuschlich, als hätte ich sie schon mehrfach verprügelt. Sie schlich in geduckter, total devoter Haltung auf mich zu. Klar kann ich nun sagen: "Prima! Dann weiß sie ja, dass sie Mist gebaut hat und hat wenigstens ein schlechtes Gewissen. Vielleicht hilft das ja, dass sie das dann nicht mehr tut!"


    Aber das half nicht. Im Gegenteil, der Reiz, hinter dem Wild herzurennen, war einfach größer, als das Wissen, dass es dafür Ärger gibt.


    Also veränderte ich mein Verhalten, wenn sie zurückkam und lobte und belohnte sie. Nicht fürs Abhauen, sondern fürs Zurückkommen. Nach ein paar Tagen ist sie schon nur noch ein paar Meter davongerannt. Nach ca. zwei Wochen ließ sie sich so schnell abrufen, dass sie nicht mal durchstartete, sondern nur stand, fixierte und dann sofort zu mir kam - und zwar freudig und mit dem ganzen Hinterteil wedelnd, weil sie wusste, dass sie etwas gut und richtig gemacht hat und jetzt auch Lob und Belohnung erwarten kann.


    Nun gab es zwar noch einen Ausreisser, weil Bene mitmachte und da dann wirklich jedes meiner Argumente ungehört verhallte und das war auch die Situation, in der ich in meiner Enttäuschung und Wut über die Hundedamen jedem den Kurzführer über den Hintern haute und beide sich sofort auf den Rücken warfen und beschwichtigten ... wodurch ich mich dann natürlich wegen meines Ausrasters schämte.


    Ich arbeite nun mitdem Umlenken der Energie, indem ich zwar mit "Hey!" das unerwünschte Verhalten markere, aber wenn die Hunde dann zu mir schauen, dann folgt sofort das "Fein!" und es fliegt ein Keks in die Gegenrichtung, damit die Hunde "was zum Jagen haben" und ihre Energie loswerden, aber wissen, dass das hinter Rehen herrennen nicht erwünscht ist, ich aber eine tolle Alternative biete.


    An dieser Stelle kann man natürlich das "Hey!" als verbale Gewalt bezeichnen und das Etablieren des Markerwortes, das durch körpersprachliches Begrenzen verinnerlicht wurde, als psychische Sanktion, weil ich den Hunden durch meine Körpersprache den Weg blockierte. Aber gerade Chia ist so sensibel, dass sie unfassbar schnell verstanden hat, dass sie die Grenze nicht überschreiten darf, aber etwas viel Besseres kommt, wenn sie diese Grenze akzeptiert.


    Ist die Kommunikation über die Körpersprache, die der Hund versteht, weil Hunde eben auch über die Körpersprache miteinander kommunizieren und durchaus verstehen, dass der Kollege, der mit abgesenkter Nase und in Drohhaltung vor ihnen steht, echt sauer ist und man den nun nicht reizen sollte, wenn man keinen Ärger riskieren will, also psychische Gewaltanwendung? Oder vermeidet man dadurch eben Missverständnisse, die man dann wirklich körperlich korrigieren muss, weil die Situation sonst eskalieren könnte?


    Ich merke, dass Chia mir viel mehr Aufmerksamkeit schenkt, oft nachfragt, wenn sie nicht sicher ist, ob sie weiter vorlaufen darf, viel näher bei mir bleibt und Wild immer uninteressanter findet, weil ich ihr fliegende Kekse oder ihren fliegenden Ball als Aternative anbiete. Vor allem kommt sie aber immer freudvoll zu mir und nicht wie zuvor, devot und in Erwartung von körperlicher Korrektur.


    Ich erhebe aber keinesfalls den Anspruch, dass ich den Stein der Weisen fand - es funktioniert bei meinen Hunden. Ob es bei weniger sensiblen Hunden funktioniert oder man da dann deutlicher und körperlicher werden muss, will und kann ich nicht be- oder verurteilen.

  • Eigentlich muss man seinem Hund diese Frage stellen. :) Für mich gibt es nur 2 Arten von Gewalt, die ich anwende: Stimme erheben (nicht schreien) und kurz an der Leine ziehen. Ich benutze ein Brustgeschirr für alle meine Hunde, also kein Stachelhalsband oder Ähnliches. Die einzigen Situationen, die meiner Meinung nach diese Art von Gewalt erfordern, sind Gefahr für Mensch, Hund, andere Tiere oder den Sonntagsbraten.


    Das Argument was eigentlich jeder DSH Besitzer hier in Amerika macht, ist daß man Schockhalsbänder im Hundesport braucht, und daß ich ja keine Ahnung habe wovon ich rede, weil ich keinen Hundesport mache und meine Hunde nicht arbeiten. :rolleyes: Was mich mal interessieren würde, ist wie hier die Mitglieder die Hundesport betreiben darüber denken, vor allem weil diese Hilfsmittel ja in Deutschland verboten sind?